Essen-Werden/Kettwig. . Werden und Kettwig berufen sich auf ihre Historie als Tuchmacherstädte. Eine Ausnahme wäre tatsächlich möglich – unter bestimmten Voraussetzungen.

Die Einzelhändler aus Werden und Kettwig wollen an bis zu 40 Sonntagen im Jahr ihre Geschäfte öffnen. Noch in der vergangenen Woche hatten Kirchen und Gewerkschaften leidenschaftlich für eine Reduzierung der verkaufsoffenen Sonntage plädiert. In der gesamten Stadt dürfen die Geschäfte aktuell an elf Sonntagen im Jahr öffnen.

Da klingt dieser neue Vorstoß des Werberings Werden und des Initiativkreises Kettin e.V. für viele wohl fast vermessen: Mit einem gemeinsamen Antrag möchten die Händler eine Ausnahme erreichen, die laut Ladenschlussgesetz tatsächlich möglich wäre: Jene Bereiche von Werden, Kettwig, Bredeney und Heisingen, die nicht weiter als 300 Meter von der Ruhr entfernt sind, stehen auf der NRW-Liste der „Kur-, Ausflugs-, Erholungs- und Wallfahrtsorte“. Mit dem noch nötigen politischen Beschluss des Rats dürfte in Werden und Kettwig also an 40 von 52 Sonntagen im Jahr verkauft werden.

Rund 20 Bekleidungsgeschäfte dürften öffnen

Um als touristischer Ausflugsort anerkannt zu werden, beziehen sich die beiden Stadtteile auf ihre Historie als Tuchmacherstädte. „Die Ausnahmen sind ja eng begrenzt. Als Tuchmacherstadt dürften an diesem Sonntag vor allem jene Läden öffnen, die auch einen unmittelbaren Bezug zu dieser Tradition haben. Das wären in Kettwig und Werden rund 20 Bekleidungsgeschäfte“, erklärt Andreas Göbel vom Werdener Werbering. Vor etwa fünf Jahren hatte Werden schon einmal versucht, von der Ausnahmeregelung Gebrauch zu machen – damals mit der Auflage, an diesen Sonntagen nur Produkte zu verkaufen, die für Werden typisch sind. „Da das aber etwas ausgeufert ist und auch andere Dinge verkauft wurden, hat das Ordnungsamt die Ausnahmeregelung wieder einkassiert“, erklärt Andreas Göbel.

Auch interessant

Nun soll im Schulterschluss mit Kettwig ein neuer Anlauf unternommen werden, „um einer der wichtigsten Sparten die Möglichkeit zu geben, gegenüber den Einkaufszentren zu bestehen“, sagt Göbel. Damit solle verhindert werden, dass es im Textilbereich zu Leerständen kommt. Sein Kettwiger Amtskollege Wolfgang Bieger verweist auf Beispiele in der Nachbarschaft. So dürfen im Marienwallfahrtsort Neviges an 40 Sonntagen im Jahr Devotionalien verkauft werden: „Und das, wo doch gerade die Kirche so sehr darauf pocht, die verkaufsoffenen Sonntage zu reduzieren“, kann sich Bieger einen Seitenhieb nicht verkneifen.

Aber nicht nur bei Vertretern von Kirche und Gewerkshaften dürften sich Bieger und Göbel mit ihrem Vorhaben unbeliebt machen. Auch beim Einzelhandelsverband ist man von dem Alleingang der beiden Stadtteile nicht gerade begeistert, wie Geschäftsführer Marc Andre Heistermann sagt: „Ich hätte es begrüßt, wenn diese Debatte erst nach der Verabschiedung der bislang terminierten Sonntage für das nächste Jahr angestoßen worden wäre. Mit der jetzigen Regelung haben alle Stadtteile einen Kompromiss gefunden. Ein solcher Vorstoß dient nicht unbedingt dem Gesamtkonstrukt.“