Essen. Beim Konflikt um das Parken auf dem Karnaper Marktplatz sieht sich SPD-Ratsherr Guido Reil von den eigenen Genossen aus Altenessen unfair ausgebremst. Auf dem Parteitag drohte heute ein Eklat.

Wenn die SPD Essen heute Abend zum Parteitag zusammenkommt, dann soll die ganze Aufmerksamkeit Reinhard Paß gehören. Schließlich bewirbt sich der Oberbürgermeister am 13. September um eine zweite Amtszeit. Die Parteitagsregie sieht Jubelbilder vor. Es könnte aber auch ganz anders kommen.

Das liegt an einem auf den ersten Blick harmlosen Antrag des Ortsvereins Karnap. Die Genossen aus dem hohen Norden wünschen sich Unterstützung ihrer Partei im Bemühen, das Parken auf dem Karnaper Markt möglich zu machen. Dass sich ein Parteitag mit einer solchen Frage befassen soll, ist äußerst ungewöhnlich. Genau darin liegt die Sprengkraft. Ein seit Jahren schwelender Konflikt zwischen zwei SPD-Ortsvereinen könnte ausgerechnet auf dem Parteitag eskalieren.

Pure Nickeligkeit

„Ich weiß mir nicht mehr anders zu helfen“, sagt der Karnaper Ratsherr Guido Reil und hat dabei reichlich Emotionen in der Stimme. Es gebe eine ritualisierte Blockadehaltung der Genossen aus Altenessen, die er rundheraus satt habe. „Das geht seit Jahren so. Sie sind dagegen, weil wir dafür sind.“ Wie ganz aktuell beim Thema Parken auf dem Karnaper Markt. Reil und seine Parteifreunde im Vorstand des Ortsvereins sind sich sicher, dass eine große Mehrheit der Karnaper Bürger dafür ist. Leidet das Zentrum des Ortsteils doch seit Jahren unter leerstehenden Ladenlokalen. Nun, wo ein Supermarkt als neuer „Ankermieter“ eine Wende zu guten verspricht, fehlen Parkplätze. Der Ortsverein hat deshalb bei den Bürgern sogar Unterschriften gesammelt - ungewöhnlich für eine Partei, die in Karnap in der Wählergunst weit vor allen anderen liegt.

Doch ausgerechnet die Genossen aus Altenessen sind dagegen. Dazu muss man wissen, dass sich die SPD-Fraktion in der zuständigen Bezirksvertretung aus Vertretern beider Ortsvereine zusammen setzt. Karnap stellt drei Vertreter, Altenessen sechs. Zusammen kann man dank absoluter Mehrheit viel erreichen - wenn man denn will. Doch die Altenessener wollen nicht, klagt Reil. Immer wieder renne sein Ortsverein bei den Parteifreunden mit Vorschlägen vor die Wand - aus purer Nickeligkeit, es gehe nicht um die Sache. Das sorge für Frust, vor allem bei jüngeren Karnaper Sozialdemokraten, von denen es erfreulich viele gebe. „Die wollen Ergebnisse sehen“, sagt Reil, müssten aber erleben, dass altgediente Granden in der eigenen Partei auf der Bremse stünden, wo es nur gehe.

Altenessener Ortsverein weist Vorwürfe zurück

Warum aber sollten die Altenessener sich quer stellen? Reil vermutet dahinter persönliche Motive. „Die können mich nicht leiden. Es geht um eine rein menschliche Geschichte. Und natürlich um Macht.“ Gleich zu Beginn seiner Laufbahn als Lokalpolitiker um das Jahr 2000 hatte er laut gesagt, dass die Zeit von Willi Nowack, dem damals starken Mann der SPD, abgelaufen sei. Reils freche Art wurde von den Genossen in Altenessen - Nowacks Heimat und Machtbasis - nicht gerade bejubelt. Reil erarbeitet sich einen Ruf als Hansdampf in allen Gassen, er gibt sich bürgernah und nimmt für sich in Anspruch, „Politik mit gesunden Menschenverstand“ zu machen. Die mächtige, viermal größere Altenessener SPD werde hingegen stark von einigen Traditions-Familien dominiert, die es ungern sähen, wenn Newcomer selbstbewusst nach vorne drängten. „Eine geschlossene Welt“, urteilt Reil.

Theo Jansen, SPD-Fraktionsvorsitzender in der Bezirksvertretung und einer der führenden Köpfe des Ortsvereins Altenessen, nennt sämtliche Vorwürfe eine bodenlose Frechheit. In der Parkplatzfrage führt er inhaltliche Argumente an: Ist der Platz überhaupt dafür geeignet? Wer bezahlt den Umbau? Werden die Anwohner an den Kosten beteiligt? Auch er könne sich mit einem selbstgezeichneten Plan auf den Marktplatz stellen und Unterschriften sammeln, sagt Jansen spitz. Es gebe noch viele zu viele offene Fragen. Falsch, sagt Reil: „Die sind von der Fachverwaltung längst alle positiv beantwortet worden.“

"Karnaper Anheizer zur Ordnung rufen"

Wenn die Karnaper Genossen verlangten, dass sie künftig bei Karnaper Sachfragen nicht mehr übergangen werden dürften, so sei dies faktisch ein „imperatives Mandat“, das die Verfassung nicht kennt. In einem Schreiben an die Essener SPD-Chefin Britta Altenkamp, das der WAZ vorliegt, warnt Jansen davor, eine Diskussion um den Karnaper Marktplatz beim Parteitag zu führen. An Altenkamp gehe die Bitte, die Karnaper „Anheizer“ um Guido Reil „zur Ordnung zu rufen und diesem Treiben ein Ende zu setzen“, fordert Jansen.

Nach einem wahrhaft harmonischen Parteitag klingt das wirklich nicht. Mag auch die Fassade halten.