Essen. . Pfandflaschenringe könnten Sammlern die Arbeit erleichtern. Die Entsorgungsbetriebe sollen deren Einsatz in der Essener Innenstadt prüfen. Die Parteien sind geteilter Meinung.

Pfandflaschensammler haben es nicht leicht: Sie brauchen jeden Cent – und tasten sich dafür durch schlecht riechende Mülleimer, ohne zu wissen, ob sich darin überhaupt etwas Lohnendes befindet. Dazu kommen die schiefen Blicke der Passanten und die Gefahr, sich bei ihrer Suche zu verletzen. Pfandringe aus Plastik könnten die Lösung sein.

Das Prinzip ist einfach: Mülleimer werden mit einer Vorrichtung versehen (siehe Bild), in die Flaschen und Dosen gesteckt werden können. Sammlern soll dadurch die Arbeit erleichtert werden. Zwölf deutsche Städte experimentieren bereits mit solchen Systemen, unter anderem Bochum und Köln.

Parteien sind gespaltener Meinung

Bereits im März hatte die Essener Ratsfraktion der Partei-Piraten beantragt, die Pfandringe in einem Pilotprojekt zu testen. Der Vorschlag wurde zunächst abgelehnt, an den Ordnungsausschuss geschoben und schließlich an die Entsorgungsbetriebe verwiesen. Die EBE soll nun Aufwand und Kosten der Ringe ermitteln. Geklärt werden sollen außerdem ökologischer und sozialer Nutzen sowie Auswirkungen auf Pfandsammler. Ein weiterer Aspekt betrifft Fragen der Sicherheit und Sauberkeit.

Die Parteien sind gespaltener Meinung. In Zeiten klammer Kassen sorgen sich viele Politiker naturgemäß um die Kosten. Die Stadt Bochum habe für ihren Testlauf beispielsweise eine Summe von 250.000 Euro ermittelt. Die Mehrheit der Essener Fraktionen möchte zunächst das Ergebnis der Kölner Studie abwarten, doch mit der ist nicht vor Ende des Jahres zu rechnen. Auch die EBE-Analyse dürfte noch eine Weile dauern, denn der städtische Prüfantrag ist bislang nicht bei EBE angekommen.

Klar ist aber schon jetzt, dass Pfandringe die Leerung der Mülleimer erschweren würden. Dazu kommt, dass es im Stadtgebiet ganz verschiedene Arten von Abfallbehältern gibt. Einige sind aus Metall, andere wieder aus Plastik. Auch die Form ist unterschiedlich.

Die Ansichten der Essener Parteien:

Die FDP hat sich deshalb klar positioniert: „In einigen Städten hat man bereits die Erfahrung gemacht, dass die Ringe bereits nach wenigen Tagen demoliert sind,“ so Ratsherr Hans-Peter Schöneweiß. „Ich habe gehört, dass einige Leute ihren Müll aus Bequemlichkeit in die Ringe stopfen. Auch aus finanziellen Gründen sind wir gegen das Vorhaben, denn die Pfandringe haben einen Stückpreis von etwa 200 Euro.“

Die CDU sieht das Projekt „skeptisch“, wie Ratsherr Fabian Schrumpf erklärt. „Die Frage lautet, ob man den bedürftigen Leuten wirklich hilft. Am Ende könnten die sogar weniger Einnahmen haben, da Kinder oder Angestellte die Flaschen im Vorbeigehen mitnehmen. Mir ist bei dem Projekt wichtig, dass man nicht das Gegenteil von dem erreicht, was man eigentlich mal wollte.“ Deshalb will die CDU zunächst auf die Antworten der Entsorgungsbetriebe warten.

Grüne würden gerne Testlauf starten

Unentschlossen ist momentan auch die SPD. „In der Fraktion gibt es noch keine klare Position“, sagt Ratsherr Ingo Vogel. „Für mich persönlich überwiegen aber die Vorteile, auch wenn es hier und da Bedenken gibt. Ich würde gerne einen Probelauf in der City starten, vielleicht mit 20 Ringen, das ist eine überschaubare Zahl. Übrigens muss man einen Pfandring nicht unbedingt um einen Mülleimer legen, es kann auch eine Laterne sein oder irgendein anderer Mast.“

Auch die Grünen würden gerne einen Testlauf starten und bemängeln, dass das Projekt im Vorfeld zu negativ betrachtet werde. „Woher diese Skepsis? Für mich sind das nur vorgeschobene Gründe“, so Ratsherr Ahmad Omeirat. Seiner Ansicht nach haben Pfandringe drei Vorteile: „Sie ermöglichen ein würdevolles Sammeln. Außerdem ist es verletzungsfrei und hygienisch.“

Klare Zustimmung von Linken und Partei-Piraten

Den letzten Punkt sieht Andreas Walter vom Essener Bürgerbündnis (EBB) anders. „Süße Limoflaschen locken im Zweifel Wespen und andere Insekten an. Eine mögliche Folge wäre, dass Bürger gar nicht mehr an den Mülleimer herantreten und ihren Müll aus vermeintlich sicherer Entfernung in Richtung Tonne werfen. Das Ergebnis wäre ein vermüllter Bereich um den Abfallbehälter.“ Ähnlich sieht das auch EBB-Ratsherr Karlgeorg Krüger. „Wir beurteilen die Sache zurückhaltend und werden abwarten. Die Idee ist zweifellos gut, aber ob die Durchführung klappt, ist eine andere Frage.“

Klare Zustimmung für die Pfandringe kommt dagegen von den Linken und den Partei-Piraten. „Für die Sammler wäre das eine echte Verbesserung“, sagt Wolfgang Freye, OB-Kandidat der Linken. „Es wird immer mit den Kosten argumentiert, aber die bestehenden Mülleimer halten ja auch nicht ewig. Bei einer Neuanschaffung könnte man die Pfandringe gleich mit berücksichtigen.“ Freye sagt, dass man bei Abfallbehältern außerdem immer mit Beschädigungen rechnen müsse. Daher sei es falsch, damit zu argumentieren, dass die Pfandringe abgetreten oder zerschnitten werden könnten.

Matthias Stadtmann, Ratsherr der Partei-Piraten weist auch die Bedenken wegen möglicher Banden zurück. So viel könne man mit den Pfandflaschen nicht verdienen, als dass sich gewerbsmäßige Sammler dazu verabreden, „über die Mülleimer herzufallen“. Stadtmann erinnert daran, dass man das Pilotprojekt als kostengünstigen Versuch für die Innenstadt formuliert habe. „Wenn sich das nicht bestätigen sollte, hat man 20 Ringe in den Sand gesetzt. Das ist kein großer Verlust.“