Essen. So lange sich die Deutsche Post und Verdi bei den Tarifverhandlungen nicht einigen können, wird das Verteilzentrum in Vogelheim bestreikt. In einer Woche bleiben so 1,5 Millionen Sendungen liegen.

Seit heute Mittag steht es fest: Verdi ruft zum unbefristeten Streik in allen NRW-Briefverteilzentren auf. Die Sendungen werden dieses Mal allerdings auf unbestimmte Zeit liegen bleiben, wenn sich die Deutsche Post und Verdi nicht einigen können.

„Nach und nach werden wir die Bereiche ausdehnen, die bestreikt werden“, kündigt Dirk Kriegel, Bezirksfachbereichsvorsitzender bei Verdi für Postdienste, Speditionen und Logistik in Essen, an. Alle Städte, die mit der Postleitzahl 45 beginnen, werden vom Briefzentrum nur noch sporadisch beliefert – neben Essen sind also auch Gelsenkirchen, Mülheim, Recklinghausen, Hattingen und Haltern betroffen.

Grund für den festgefahrenen Tarifkonflikt zwischen der Deutschen Post und Verdi sind die 49 gegründeten Regionalgesellschaften, um die Tariflöhne der Zusteller herabsetzen zu können. Laut Verdi ein Vertragsbruch. Zudem fordert die Gewerkschaft eine Herabsetzung der Arbeitsstunden, 2,7 Prozent mehr Lohn ab 2016 sowie eine einmalige Zahlung in Höhe von 500 Euro. Die Post hast das Ultimatum verstreichen lassen. Als Konsequenz ist nun kein Ende des Streiks in Sicht.

300.000 Sendungen pro Tag bleiben liegen

350 Menschen arbeiten im Dreh- und Angelpunkt des Postverkehrs, dem Briefverteilzentrum an der Daniel-Eckhardt-Straße, rund 130 von ihnen legen ihre Arbeit nieder. Warum nur so wenig? „Circa 70 Mitarbeiter sind Beamte“, antwortet Dirk Kriegel und ergänzt: „Die Post will den Verzögerungen natürlich entgegenwirken und setzt daher Filialvertriebs- und Abrufkräfte ein.“ Und dennoch werde der Streik deutlich zu spüren sein, ist sich Kriegel sicher, da die sporadischen Mitarbeiter nicht das Tempo hätten, wie die routinierten. Macht unterm Strich: 300.000 Sendungen, die jeden Tag liegen bleiben, innerhalb einer Woche kommen da schon 1,5 Millionen zusammen. Und da der Streik als unbefristet ausgeschrieben ist, kann sich jeder ausrechnen, wie viele Sendungen sich da in zwei oder drei Wochen anhäufen. Beim vergangenen Streik von einem Tag, hätten die Mitarbeiter des Briefzentrums zwei Tage gebraucht, um alles aufzuarbeiten. „Es wird alles von vorne nach hinten abgearbeitet. Sollten wir keinen Platz mehr im Briefzentrum haben, dann lagern wir die Sendungen außerhalb“, sagt der Bezirksfachbereichsvorsitzende für die Postdienste in Essen.

Doch was bedeutet das für Lieschen Müller, deren Rechnung zu spät angekommen und somit die Bezahlungsfrist abgelaufen ist? Rechtsanwalt Ulrich Kanders weiß Rat: „Die Frist für die zu zahlende Rechnung gilt immer ab dem Tag, an dem diese zugestellt wurde.“ Größere Probleme sieht der Rechtsanwalt aufgrund des Poststreiks nicht. Wohl auch, weil bislang nicht alles brach liegt.

Privater Versanddienst kann helfen

Um Verzögerungen bei der Sendung von Briefen und Paketen zu umgehen, hat Ulrich Kanders noch einen Tipp. „Wir engagieren einen privaten Versanddienst. Da kann ich sicher sein, dass wichtige Unterlagen auch rechtzeitig zugestellt werden.“ Dies sei zwar teurer, aber um einiges sicherer, sagt er. Unter den wichtigen Unterlagen versteht der Rechtsanwalt beispielsweise Kündigungen, deren Wirkung sich bei zu später Zustellung um ein oder auch zwei Monate verschieben kann.

Und das sei bei den Rechnungen eben nicht der Fall. „Die muss ja ohnehin bezahlt werden“, sagt Kanders. Er rät, dem Rechnungssteller den Fall zu schildern. „Die meisten werden Verständnis haben“, ist sich Ulrich Kanders sicher.