Essen. . Mit nur einem Atemzug in die Tiefe: Beim Apnoe-Tauchen müssen Sportler die Luft anhalten. Bald kommen Athleten aus ganz Deutschland nach Essen-Steele.

Apnoe-Taucher aus allen Teilen Deutschlands treffen sich im Juli zu einer inoffiziellen Weltmeisterschaft an der Ruhr. Beim Apnoe-Tauchen gehen die Athleten – anders als beim Gerätetauchen – ohne Pressluftflaschen ins Wasser. Ihre Tauchzeit ist allein dadurch begrenzt, wie lange sie die Luft anhalten können. Im Bereich der Kurt-Schumacher-Brücke wollen die Unterwassersportler am Samstag, 18. Juli, sogar einen neuen Weltrekord im Fluss-Streckentauchen aufstellen.

„Wir werden sogar mit Sicherheit einen Rekord aufstellen. Schließlich sind wird die Ersten, die so etwas in einem Fluss anstreben“, erklärt Mit-Veranstalter Werner Giove (34). Um diesen Rekord zu dokumentieren, möchte er auch das berühmte „Guinness-Buch der Rekorde“ nach Steele einladen. „Ob die allerdings kommen, wird sich noch zeigen.“

Werner Giove arbeitet eigentlich als IT-Berater. „In Deutschland ist der Sport zu wenig bekannt, um damit seinen Lebensunterhalt zu verdienen“, sagt er. Doch das Freitauchen, wie der Apnoe-Sport auch genannt wird, ist seine große Leidenschaft. 2002 hat er damit angefangen, inzwischen bildet er als Tauchlehrer selber Schüler aus. „Freedive Academy“ hat er seine Tauchschule genannt. Sie ist beheimatet im hessischen Groß-Gerau.

Sondergenehmigung für die Ruhr

Im Onlineportal dieser Zeitung hatte Werner Giove gelesen, dass es in Essen einen Club gibt, der eine Sondergenehmigung für das Tauchen in der Ruhr hat – und sein Interesse war geweckt. Also fuhr er nach Rellinghausen, trank ein paar Tassen Kaffee mit Holger Cremer, dem Chef des Tauchclubs „Dive in Essen“, der auch regelmäßig bei Unterwasser-Aufräumaktionen die Ruhr von Müll befreit. Und nach dem gemeinsamen Treffen stand der Plan für die Apnoe-Veranstaltung. Das Motto: „Alles im Fluss“. „Das ist passend“, sagt Giove. „Denn beim Freitauchen ist es wichtig, dass man zur Ruhe kommt. Nur wenn man in sich ruht, wenn also alles im Fluss ist, kann man bei diesem Sport Höchstleistungen erbringen.“

Maximal 40 Apnoe-Sportler können bei „Alles im Fluss“ mitmachen. Ab zehn Uhr morgens werden sie mit Neoprenanzug, Maske, Flossen und Schnorchel ins Wasser steigen, um sich an die Ruhr-Bedingungen zu gewöhnen. Tauchen in einem Fluss ist etwas anderes als in einem See oder einem Schwimmbad.

„Strömung und eventuell schlechte Sicht, das ist für viele Teilnehmer etwas Neues“, sagt Cremer. „Daran muss man sich anfangs gewöhnen.“ Er selbst hat bereits unzählige Tauchgänge im Fluss gemacht – allerdings immer mit kompletter Tauchausrüstung.

Am Mittag wird es bei „Alles im Fluss“ eine „Schnitzel-Jagd“ geben, bei der unter Wasser Preise versteckt werden, die Hersteller von Tauchausrüstung zur Verfügung gestellt haben. Und am Nachmittag sollen unter Wasser Orientierungsleinen für den folgenden Weltrekordversuch gespannt werden. „Das machen wir, damit die Teilnehmer nicht im Zick-Zack schwimmen“, sagt Giove. „Schließlich sollen sie unter Wasser eine möglichst weite Strecke zurücklegen.“

Während der Planung der Veranstaltung ist Giove und Cremer noch eine weitere Idee gekommen: Jetzt soll es zusätzlich einen Wettbewerb für Unterwasser-Fotografen geben – vorausgesetzt es gibt dafür genügend Anmeldungen. Die Regeln: Eine Stunde lang können die Fotografen im Fluss tauchen, wenn sie das Wasser verlassen haben, bekommen sie eine weitere Stunde Zeit, ihre Bilder am Laptop zu bearbeiten. Und danach übergeben sie ihre Fotos an eine Jury, die urteilt, wer die besten Ruhr-Fotos geschossen hat.

Die Unterwasserwelt der Ruhr ist abwechslungsreich, aber nichts für Anfänger 

Die Saison hat für die Taucher von „Dive in Essen“ gerade erst begonnen. Und schon wieder haben die Unterwasser-Sportler interessante Entdeckungen am Grund der Ruhr gemacht. Bei einem Tauchgang nahe des Steeler Ufers fand Taucher Tom Grey unterhalb der Eisenbahnbrücke in zwei Metern Wassertiefe ein Gewehr, das offenbar jemand in den Fluss geworfen hat. „Vermutlich ein Luftgewehr“, sagt der Finder. „Es war sehr leicht und hatte einen sehr dünnen Lauf. Aber ich bin da leider kein Experte.“

Tom Grey befestigte noch im Wasser das mutmaßliche Luftgewehr mit einem Gummiseil an seiner Ausrüstung, um es nach dem Tauchgang der Polizei zu übergeben. Beim Versuch, das Gewehr zu bergen, riss jedoch das Gummi und die Waffe verschwand im grün-trüben Wasser des Flusses.

Holger Cremer, Chef des „Dive in Essen“-Tauchclubs, ist besonders stolz auf eine Entdeckung, die er jüngst selbst gemacht hat. Er ist überzeugt, nahe des Steeler Ufers die Überreste einer alten Kanone gefunden zu haben. Übrig ist jedoch nur das metallene Rohr, durch das möglicherweise einst die Kugeln abgefeuert wurden. „Vielleicht stammt es aus der Zeit des Deutsch-Französischen Krieges“, mutmaßt Cremer.

In der Vergangenheit hatten die Taucher immer wieder mit ihren Funden für Aufsehen gesorgt. Höhepunkte des vergangenen Jahres waren die Entdeckung mehrerer Tresore, die anschließend von Experten geborgen wurden, und eine Fliegerbombe aus dem Krieg, die sogar den Kampfmittelräumdienst auf den Plan rief. Die mutmaßliche Bombe konnte bei der anschließenden Suche von den Bombenentschärfern aufgrund schlechter Sichtweiten jedoch nicht gefunden werden. Außerdem fanden die Taucher eine Pistole und übergaben sie der Polizei.