Essen. . Evag-Mitarbeiter fürchten um ihre Arbeitsplätze und demonstrieren gegen den Sparkurs im ÖPNV. Vieles hängt vom Gelingen der Kooperation in „Via“ ab.

Kollegen, nicht mit uns! Es ist die vertraute Gewerkschaftsdiktion, die Lautsprecher am Mittwochmittag über den Rathausvorplatz tragen. Einige Hundert Mitarbeiter der Essener Verkehrs-AG (Evag) sind dem Aufruf von Verdi gefolgt. Die Gewerkschaft warnt vor einem „Kahlschlag bei Bus und Bahn“.

Beschäftigte der Evag fürchten Lohneinbußen und sorgen sich um ihren Arbeitsplatz. Steven Elster ist einer von ihnen. Im März hat der 30-Jährige als Quereinsteiger seine Ausbildung zum Straßenbahnfahrer angetreten. Sein Arbeitsvertrag ist auf zwei Jahre befristet. Ob der Kontrakt verlängert wird, wie es ihm von der Evag in Aussicht gestellt worden war? Dahinter steht ein Fragezeichen, seit Evag-Vorstand Michael Feller sich gezwungen sieht, einen harten Sparkurs zu steuern. „Ich werde die Flinte deshalb nicht ins Korn werfen“, sagt Steven Elster. Doch wie ihm geht es vielen bei der Evag.

„Ich dachte, ich hätte damit einen sicheren Arbeitsplatz“

Die Stimmung ist gereizt. „Niemand weiß, was morgen kommt“, sagt ein 46-jähriger Mitarbeiter. „Ich dachte, ich hätte damit einen sicheren Arbeitsplatz. Das ist ein Schlag in die Magengrube“, sagt eine Kollegin. Thomas Rütz (45), denkt an die Jüngeren im Betrieb: Ein Gleisbauer etwa, der nicht übernommen wird, könne gleich umschulen. „Diese Verunsicherung tragen wir vor das Rathaus“, formuliert Detlef Barz.

Beschäftigte der Evag fürchten Lohneinbußen und sorgen sich um ihren Arbeitsplatz.
Beschäftigte der Evag fürchten Lohneinbußen und sorgen sich um ihren Arbeitsplatz. © FUNKE Foto Services

Der Vorsitzende des Betriebsrates wird kurz darauf die Gelegenheit ergreifen, vor dem Rat der Stadt zu sprechen. Im weiten Rund des Saales wird Barz daran erinnern, dass die Evag seit 1996 rund 500 Stellen abgebaut hat. Und er wird betonen, dass die Belegschaft gewillt sei, den Weg mitzugehen, den der Rat 2009 mit der Gründung von Via, der gemeinsamen Verkehrsgesellschaft von Essen, Mülheim und Duisburg, eingeschlagen hat. Via hat den Nachweis erbracht, dass sich die Kosten für den öffentlichen Personen-Nahverkehr senken lassen, wenn die drei kommunalen Verkehrsbetriebe gemeinsame Sache machen. Doch Via ist auf halber Strecke stehen geblieben. Weitere sechs Millionen Euro pro Jahr könnten eingespart werden, wenn Via doch noch Fahrt aufnimmt, drei Millionen davon allein bei der Evag. Die erklärte Absicht ist da. Mangelt es am politischen Willen?

Bis heute kein Kooperationsvereinbarung für den ÖPNV

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Von Marcus Schymiczek und Julia Gresförder

Oberbürgermeister Reinhard Paß und seine Amtskollegen aus Mülheim und Duisburg, Dagmar Mühlenfeld und Sören Link haben sich in der vergangenen Woche abermals öffentlich zu Via bekannt. Nun müssen Taten folgen. Obwohl 2009 ebenfalls von drei Stadträten beschlossen lässt eine Kooperationsvereinbarung der Städte als Aufgabenträger für den ÖPNV bis heute auf sich warten. Von einem gemeinsamen Nahverkehrsplan scheinen die drei Städte meilenweit entfernt. Da mag es wie Ironie anmuten, dass die Mehrheit im Rat am Mittwoch ein Antrag der Linken, der in diese Richtung zielte, von der Tagesordnung wischte.

Der Druck ist damit nicht raus aus dem Kessel. Regierungspräsidentin Anne Lütkes will Ergebnisse sehen. Scheitert Via, könnte dies drastische Folgen für die Evag haben. Der Ruf nach Einsparungen würde wohl lauter. Hinter den Kulissen basteln sie längst an einem Plan B. Evag und Stadtwerke könnten enger zusammenarbeiten, um Kosten zu senken. Via, als Vorzeigeprojekt für Kooperationsbereitschaft im Ruhrgebiet gestartet, bliebe unvollendet.