Essen. . Protestierende Eltern ziehen am Mittwoch vors Rathaus. Verdi fordert mehr alternative Betreuungsmöglichkeiten und eine Gebührenerstattung.

In der dritten Woche des unbefristeten Kita-Streiks mangelt’s nicht an Appellen für einen möglichst schnellen Tariffrieden, aber zunehmend an adäquater Betreuung und Geduld der Eltern: Die wollen heute um 14.30 Uhr vor dem Rathaus ihrem Unmut Luft machen, abermals eine Rückerstattung der Gebühren für Nicht-Leistungen einklagen und den Oberbürgermeister auffordern, mehr Druck auf den Kommunalen Arbeitsgeberverband aufzubauen.

OB Reinhard Paß hat den Sozialdezernent Peter Renzel inzwischen damit beauftragt, mit der Gewerkschaft Verdi über eine Notdienstvereinbarung für Härtefälle zu verhandeln. Sie soll für Kinder gelten, deren Eltern alleinerziehend oder berufstätig sind und die keine andere andere Betreuungsmöglichkeit finden.

Paß: Keine Beiträge ohne Leistung

Dass die sich zusehends verhärtenden Fronten ein gesellschaftliches Laune-Tief nach sich ziehen können, scheint auch die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft Verdi zu spüren. Die versucht nun, einen aufkommenden Protestwind, den sie säte, vorsorglich umzulenken. Gestern hat Bezirksgeschäftsführer Lothar Grüll in Briefen an die Fraktionen der Stadt und den Oberbürgermeister gleich einen doppelten Stimmungsaufheller gefordert: Für die Kinder der Eltern ohne alternative Betreuung soll die Stadt alle organisatorischen und finanziellen Möglichkeiten ausschöpfen, Elterngruppen auf die Beine stellen als auch den zusätzlichen Einsatz von Tagesmüttern gewährleisten.

Die politischen Fraktionen forderte Grüll auf, einen Ratsbeschluss zu fassen, der es ermöglicht, die Elternbeiträge zu erstatten. Wie berichtet, hatte der Oberbürgermeister eine solche Rückzahlung aus Gründen der Haushaltssicherung für nicht statthaft erklärt. „Ich bin grundsätzlich persönlich der Meinung, dass man für eine nicht erbrachte Leistung auch keine Beiträge zahlen muss“, stellte Paß gestern klar: „Wir werden alle Spielräume nutzen, die rechtlich zulässig sind.“ Was ohne genehmigten Haushalt allerdings ein schwieriges Unterfangen werden dürfte.

FDP will Atempause

Die Grünen im Rat halten die ablehnende Haltung des Oberbürgermeisters allerdings für fadenscheinig. Auch Wuppertal als Nothaushaltskommune habe es geschafft, die Bezirksregierung zu überzeugen. Sobald ein genehmigter Haushalt vorliege, sei eine Erstattung möglich, wenn sie die Konsolidierungsziele nicht gefährde. Das Problem stelle sich aber erst gar nicht: Schließlich seien die durch den Streik eingesparten Personalkosten deutlich höher als die Ausgaben für eine Rückerstattung an die Eltern.

Während Essens CDU-Fraktionschef Thomas Kufen sich gestern ebenfalls für einen solchen Schritt aussprach, weil die Stadt für eine nicht erbrachte Betreuungsleistung auch kein Geld verlangen dürfe, riet sein Landtagskollege, der Essener FDP-Abgeordnete Ralf Witzel, zu einem extern moderierten Schlichtungsverfahren, um den Kita-Streik schnellstmöglich zu beenden. Das verschaffe allen Beteiligten „eine Atempause im derzeit aufgeheizten Konflikt“. Die Bürger, so der FDP-Landtagsabgeordnete, reagierten zunehmend verständnislos, wenn öffentliche Dienstleistungen auf Dauer nicht erbracht werden.