Essen. . Ex-Mitarbeiter des Restaurants in der Essener Philharmonie klagen gegen Wolff-Gruppe. Politik schlägt Traubereich vor, um Zusatzeinnahmen zu schaffen.
Das Restaurant Wallberg in der Essener Philharmonie ist seit sechs Wochen geschlossen. Doch hinter den Kulissen herrscht alles andere als Ruhe. Seit Wochen wehren sich 20 ehemalige Wallberg-Mitarbeiter gegen ihre Kündigungen vor dem Arbeitsgericht, die ihnen der letzte Betreiber Nelson Müller ausgesprochen hatte. Ab Montag wird ein weiteres Kapitel vor Gericht aufgeschlagen: Zwölf Wallberg-Mitarbeiter holen nun auch zum Schlag gegen Müllers Vorgänger, die „Wallberg Gastronomie und Catering GmbH“ aus, die zur Wolff-Gruppe gehört. Sie wollen sich in ihr altes Arbeitsverhältnis zurückklagen.
Hinter der Wolff-Gruppe steht der Unternehmer Klaus Wolff, in Essen bekannt durch den Bau des Folkwang-Museums und als Generalplaner des Stadions. Auch in der Essener Gastroszene spielte Wolff eine Rolle, betrieb neben dem Wallberg das „Vincent & Paul“ im Folkwang und das „Café Central“ im Grillo-Theater. Überall zog sich Wolff mittlerweile zurück, doch nun holt ihn die Gastro-Vergangenheit wieder ein. Und es könnte für ihn teuer werden, falls sich der Essener Arbeitsrechts-Anwalt Christian Nohr durchsetzt.
Juristisches Tauziehen kostet Zeit
Nohr vertritt bereits mehrere Wallberg-Mitarbeiter im Kündigungsstreit mit Nelson Müller. Dabei hat Nohr auch den Betriebsübergang genauer unter die Lupe genommen, als das Wallberg im September 2014 von Müller übernommen wurde. Nohr behauptet, das gesetzlich vorgeschriebene Unterrichtungsschreiben, das Wolff den Mitarbeitern ausgehändigt hatte, sei unvollständig gewesen. Unter anderem fehle der Hinweis, dass der Pachtvertrag zwischen Müller und der städtischen Grundstücksverwaltung GVE am 31. Dezember 2014 enden sollte. Zwölf Mitarbeiter haben dem Betriebsübergang nun nachträglich mit dem Hinweis widersprochen, wegen des fehlerhaften Schreibens sei die Widerspruchsfrist noch nicht abgelaufen.
Die Wolff-Gruppe gibt sich gelassen, spricht von juristisch falschen Behauptungen. Intern soll Nohrs juristischer Winkelzug allerdings durchaus für eine gewisse Nervosität gesorgt haben. Vorsorglich hat Wolffs Wallberg Gastronomie und Catering GmbH den klagenden Mitarbeitern schon mal gekündigt. Ein entsprechendes Kündigungsschreiben liegt dieser Zeitung vor.
Vordergründig sind dies zunächst zwar juristische Scharmützel, mit denen Nohr möglichst viel Geld für seine Mandanten herausholen will. Allerdings dürfte die Klagewelle vor dem Arbeitsgericht auch Auswirkungen auf den Weiterbetrieb des Wallberg selbst haben. Denn so lange die Rechtslage nicht geklärt ist, dürfte sich kaum ein neuer Pächter finden. Das Arbeitsgericht will übrigens, so lange das neue Verfahren gegen Wolff nicht geklärt ist, die Prozesse gegen Müller aussetzen. Das verzögert den Rechtsstreit weiter.
Dem Vernehmen nach will die städtische GVE frühestens für Januar kommenden Jahres nach einem neuen Pächter suchen. Parallel laufen in der Ratspolitik Initiativen, das nur schwer mit Gewinn zu betreibende Großrestaurant irgendwie aufzuwerten. Nach dem Willen der Fraktionen von CDU und SPD prüft die Stadtverwaltung, ob in der Philharmonie ein Außentraubereich des Standesamtes eingerichtet werden könne – mit dem Hintergedanken, die Ertragslage künftiger Pächter durch Hochzeitsfeiern zu verbessern.
Familie Wallberg sieht guten Namen verunglimpft
Es war gut gemeint, von beiden Seiten: Als im Juni 2004 der zu einer Philharmonie umgebaute Saalbau eingeweiht wurde, bekam auch die ehrwürdige Saalbau-Gastronomie einen neuen Namen: „Wallberg“. Wenige Monate vor seinem Tod im September 2004 wollte die Stadt Essen mit dieser Namensgebung den großen Generalmusikdirektor (GMD) Heinz Wallberg ein Denkmal setzen, der von 1975 bis 1991 als Chefdirigent der Essener Philharmoniker wirkte und den Klangkörper entscheidend prägte.
Sein Vater habe der Ehrung zögernd und erst nach langem Zureden zugestimmt, erinnert sich Sohn Günther Wallberg. Und inzwischen würde die Familie diese Zustimmung lieber heute als morgen rückgängig machen, wenn es denn möglich wäre. Seit das Wallberg negativ in die Schlagzeilen geriet, habe sich die einst ehrend gedachte Namensgebung ins glatte Gegenteil verkehrt, ja man müsse von einer „Verunglimpfung“ des Familiennamens reden. Mancher vermute gar, die Familie habe etwas mit der Gastronomie zu tun, und es ist der WAZ ein Bedürfnis, dies an dieser Stelle ausdrücklich zu verneinen. Allerdings lässt es sich auch künftig schwer vermeiden, in Berichten über die arbeitsrechtlichen Folgen oder über einen eventuellen Neubeginn im Wallberg den Namen zu verwenden, da es nun einmal – bis auf weiteres – der offizielle Name der Philharmonie-Gastronomie ist.