Essen. Etwas sagen oder schweigen? Eingreifen oder weitergehen? Beim vierten WAZ-Polizeiforum klärten Kriminalhauptkommissare über Zivilcourage auf.
„Hilfsbereitschaft ist genetisch verankert“, erklärt Kriminalhauptkommissar Ulrich Schmitz. „Nicht zu helfen, haben wir erlernt.“ Es geht um das Thema Zivilcourage an dem Abend im Polizeipräsidium und darum, was jeder einzelne tun kann und tun sollte im Ernstfall. Ulrich Schmitz vom Kommissariat für Kriminalprävention und Opferschutz spricht vor einem voll besetzten Raum. Auch Polizeipräsident Frank Richter, Tanja Horn, Sprecherin des Präsidiums, und WAZ-Redakteurin Dominika Sagan stehen Rede und Antwort.
Wann ist Zivilcourage überhaupt gefragt? „Immer, wenn Regeln des menschlichen Zusammenlebens gebrochen werden, sollten wir helfen“, sagt Schmitz. Niemand müsse aber den Superhelden spielen. „Oft reicht es, zum Handy zu greifen und die 110 anzurufen. Das kann andere motivieren, auch zu handeln.“ Aber gerade an öffentlichen Plätzen könne das schwierig werden. „In einer anonymen Masse ist es einfach, die Verantwortung auf andere zu schieben.“
"Die haben doch eh keine Zeit"
Doch auch andere Einflüsse hindern am Helfen. Wer eine brenzlige Situation beobachtet, hat eine Wand aus Widerständen vor sich, erklärt Schmitz. Empathie, Angst vor Verletzungen oder Fehlern, Selbstvertrauen und Zeitdruck – die Motive zu handeln oder es nicht zu tun, seien bei jedem Menschen anders. „Deshalb hilft jeder nach seinen Möglichkeiten“, klärt Schmitz auf. „Wer also schüchtern oder ängstlich ist, muss nicht direkt auf den Täter zugehen. Er kann aber helfen, indem er den Notruf wählt.“
„Manchmal bin ich mir nicht sicher, ob ich die Polizei rufen soll. Die haben doch eh keine Zeit“, wirft ein Besucher aus dem Publikum ein und erntet Zustimmung von anderen Zuhörern. Das sei ein Irrtum, klärt Tanja Horn auf: „Wenn ein Mensch gefährdet ist, steht der Fall ganz oben auf der Prioritätenliste.“ Lieber einmal zu viel anrufen als zu wenig, laute die Devise.
Fair mit sich selbst sein
Wer die Konfrontation wagt, sollte besonders vorsichtig sein. „Niemals den Täter duzen“, rät Ulrich Schmitz. „Und immer eine Armlänge Abstand halten.“ Wichtig sei auch, sachlich zu bleiben und den Täter nicht in die Ecke zu drängen. Vor allem aber brauche man Unterstützung. „Nehmen sie Augenkontakt mit anderen auf. Sie werden sofort sehen, ob sie ihnen helfen.“
So sehr man sich auch darauf einstellt, Zivilcourage ist immer in unerwarteten und unberechenbaren Situationen gefragt, sagt Schmitz. „Also seien Sie fair mit sich selbst, auch wenn Sie nicht alles richtig gemacht haben.“ Denn das Einzige, was man wirklich falsch machen kann, ist gar nichts zu tun.