Essen. . Neuerdings gibt es in allen städtischen Flüchtlingsunterkünften in Essen eine Rund-um-die-Uhr-Betreuung. Caritas-Mitarbeiter berichten von ihren Erfahrungen.

Michael Pickel ist gelernter Kfz-Mechaniker und hat 30 Jahre bei Opel gearbeitet, seit zwei Monaten betreut er das städtische Asylheim an der Grimbergstraße in Essen-Kray, in dem Menschen aus 14 Nationen leben. „Bei Opel gab’s auch nicht nur Deutsche“, sagt Pickel zu seiner ungewöhnlichen Karriere. Ermöglicht wurde die durch die Caritas.

Die nämlich sorgt zusammen mit dem Diakoniewerk dafür, dass neuerdings alle Essener Asylheime rund um die Uhr betreut werden: von Sozialarbeitern – und von Einrichtungsbetreuern: Deren Aufgabenfeld reicht von Begrüßung und Schlüsselübergabe über das Führen der Statistik und den Kontakt mit Anwohnern bis zur Einhaltung der Hausordnung. Markus Siebert, der den Fachbereich Integration und Migration im Caritasverband Essen leitet, fasst zusammen: „Wir haben Hausmeister mit erhöhter sozialer Kompetenz gesucht – oder eine Art Herbergsvater.“

Nach wenigen Wochen enorm viel erreicht

Ein Traumjob für den Ex-Opelaner Pickel, der sich bewarb, weil er gern mit Menschen arbeiten wollte. Man darf das „arbeiten“ in diesem Fall wörtlich nehmen: Pickel hat erstmal selbst die Türen im Toilettenraum abgewaschen, dann kamen einige Bewohnerinnen dazu, schließlich packten alle an. „Und ruckzuck war die Bude sauber.“ Für die Flüchtlinge sind solche Putzjobs eine Zuverdienstmöglichkeit. Für Pickel ist die gemeinsame Arbeit auch eine Verständigung, die Sprachgrenzen überwindet.

Noch leichter sei der Kontakt mit den Kindern: „Die freuen sich, wenn ich mit ihnen Fußball spiele; und die Eltern sind froh, dass man sich mit ihren Kindern beschäftigt.“ Fast zu mühelos klingt das. Doch Pickel ist überzeugt, das Caritas-Team habe im Asylheim an der Grimbergstraße nach wenigen Wochen enorm viel erreicht; und mit dem Schmutz sei die Tristesse gewichen. In allen fünf von der Caritas betreuten Heimen mit ihren 400 Bewohnern sei spürbar, dass es nun Ansprechpartner gibt, „die jeden mit Namen kennen“, sagt Markus Siebert. Natürlich laufe der Alltag nicht völlig konfliktfrei, natürlich gebe es auch Nörgler und rücksichtslose Bewohner. Dass es nicht knalle, sei a) festen, transparenten Regeln zu verdanken, b) fördere einer wie Pickel eine friedlichere Stimmung, „weil er zugewandt ist und offen auf die Leute zugeht“.

Neben 13 Einrichtungsbetreuern gibt es fünf Sozialarbeiter

Auch der beste Herbergsvater aber gerät an Grenzen, darum gibt’s im Caritas-Team neben den 13 Einrichtungsbetreuern fünf Sozialarbeiter. Sie begleiten Asylverfahren, helfen beim Umzug in eine eigene Wohnung, beraten und vermitteln. Aufgaben, die Caritas und Diakoniewerk seit vielen Jahren in Asylheimen anbieten. „Nur kam der Sozialarbeiter früher für vier Stunden wöchentlich ins Heim und dann war’s da so voll wie beim Arzt im Wartezimmer“, sagt Claas Jörges, der als Flüchtlingsberater an der Grimbergstraße arbeitet.

Er ist regelmäßig von 7 bis 16, 17 Uhr vor Ort und für die Bewohner ansprechbar. „Ich bin der German guy, der ihnen das deutsche System erklärt.“ Nur Fachmann für Bürokratie will Jörges jedoch nicht sein: Wenn die Stadt ein Dutzend Neuankömmlinge meldet, sei das nicht bloß eine Frage der Zimmerbelegung: „Ich möchte den Leuten ein Zuhause geben.“ Darum hat auch Jörges erst geputzt und die Unterkunft verschönert: Jetzt fühle er sich dort auch selbst wohl.

Für Caritasdirektor Björn Enno Hermans ist klar, dass die erweiterte Betreuung die Atmosphäre in den Heimen verbessert. Nachts und am Wochenende ist freilich allein die städtische Sicherheitsfirma RGE vor Ort, denn die kirchlichen Träger hatten stets abgelehnt, Security-Aufgaben zu leisten. Er frage sich nun, so Hermans, ob man am Wochenende nicht auf Wachleute verzichten könne: „Vielleicht haben wir die Sicherheit überbewertet – die Anwesenheit des Einrichtungsbetreuers bringt viel Ruhe.“