Essen. . Sie will Gottes Befehl gehört haben und wollte wie Abraham ihren Sohn töten. Jetzt muss die junge Mutter aus Essen in die geschlossene Psychiatrie.
Sie wollte töten, Gott ein Menschenopfer bereiten: ihren eigenen Sohn, drei Jahre alt. Von diesem Motiv der 28 Jahre alten Frau ist das Essener Schwurgericht überzeugt. Es wies die schuldunfähige Essenerin in die geschlossene Psychiatrie ein, weil sie weiterhin wegen ihrer psychischen Erkrankung gefährlich ist.
Ein Drama offenbarte sich in dem dreitägigen Prozess vor der Strafkammer. Die junge Frau hatte mit ihrem Mann nach den strengen Regeln ultraorthodoxer Juden am Rande der City gelebt. Weil ihr die Gemeinde im Ruhrgebiet zu wenig streng erschien, waren die beiden mit ihren Kindern, drei Jahre und nicht einmal ein Jahr alt, im Sommer 2014 ins britische Manchester gezogen. Doch dort lebten sie inmitten anderer Juden isoliert, kehrten aber nach drei Monaten zurück ins Ruhrgebiet.
Psychiatrie nach der Geburt des ersten Kindes
Hier fiel dem 33 Jahre alten Ehemann, einem Informatiker, schnell auf, dass seine Frau wieder einmal psychotisch reagierte. Nach der Geburt des ersten Kindes war sie in die Psychiatrie gekommen, weil sie aggressiv reagiert und eine Krankenschwester angegriffen hatte. Am 25. Oktober vergangenen Jahres ging er deshalb erneut mit ihr zur Psychiatrie, doch seine Frau wurde erst einmal nach Hause entlassen.
Nachts spitzte sich die Situation zu. Die 28-Jährige las in der Thora, also der jüdischen Bibel, die Geschichte von Stammvater Abraham, der auf Gottes Befehl seinen Sohn Isaak töten wollte. In letzter Sekunde stoppte ihn allerdings ein Engel. Auch die Beschuldigte will diesen Befehl Gottes gehört haben. Sie holte ein Messer mit einer 20 Zentimeter langen Klinge und rannte schreiend ins Schlafzimmer, wo ihr drei Jahre alter Sohn Isaak schlief. Im letzten Moment stoppte ihr Mann sie.
Fast wie eine biblische Figur
Sanft wirkt die 28-Jährige im Gerichtssaal. Ihr Gesicht ist fein geschnitten, die dunklen Haare fallen der zierlichen Frau auf die Schultern. Fast sieht sie aus, als könne sie eine biblische Figur darstellen. Aber diese angenehme Erscheinung ist wohl vor allem den Medikamenten zu verdanken, mit denen sie seit ihrer Unterbringung in der Forensik vor sechs Monaten behandelt wird. In der Zeit zuvor, so hatten es Familienangehörige geschildert, war sie oft dominant aufgetreten, wenn sie ihre religiösen Regeln durchsetzen wollte. Eine Familienfeier hätte sie fast gesprengt, weil sie mit eigenem Geschirr und koscherem Essen erschienen war.
Ihrem Wunsch, sie auf Bewährung in die Freiheit zu entlassen, wo sie sich ambulant behandeln lassen wollte, entsprach das Gericht nicht. Richter Andreas Labentz: „Dafür ist ihre Erkrankung zu schwerwiegend. Im Moment muss man sie intensiv behandeln.“ Er lobte aber, dass sie ihre Krankheit akzeptiert habe und bei der Behandlung gut mitarbeite. “Wir wünschen Ihnen alles Gute“, gab er der Hoffnung des Gerichtes Ausdruck. „Danke“, antwortete die Beschuldigte.