Essen. . 147 Fahrtreppen bringen täglich Zigtausende Fahrgäste in den Untergrund. Dafür muss die Evag jedes Jahr Millionen investieren.

Ohne sie würde der Nahverkehr nicht rund laufen. 147 Rolltreppen bringen jeden Tag Zehntausende Fahrgäste bequem in den Untergrund. Müssten die Kunden die normale Treppe hoch- und runtersteigen, dann würde die gewonnene Zeitersparnis, die der unterirdische Verkehr erzielt, zum Teil wieder verloren gehen.

Auch wenn bei der Essener Verkehrsgesellschaft Evag das Rolltreppen-Geschäft unter der Rubrik „Komfort“ läuft – U-Bahnhöfe ohne Rolltreppen würden beim Qualitätstest die Note 5 bekommen.

Nur zwei der 21 unterirdischen Bahnhöfe in Essen sind unten und oben ohne: die Haltepunkte Bamlerstraße (dort gibt es nicht mal einen Aufzug) und Planckstraße. Dafür hat der U-Bahnhof Hauptbahnhof 22 Rolltreppen (früher waren es sogar 45). Der größte Höhenunterschied muss am Bismarckplatz überwunden werden: 12 Meter. Aber wer schon mal mit der Moskauer U-Bahn gefahren ist, lächelt darüber. In der russischen Hauptstadt geht es glatt 75 Meter in die Tiefe.

Insofern sind die Ausmaße der Rolltreppen hier eher bescheiden. Und trotzdem: Sie kosten Geld, Millionen, jedes Jahr.

Rolltreppen müssen wetterfest sein

Jörg Brand, Via-Abteilungsleiter für die technische Gebäudeausrüstung, ist der Mann, der damit jonglieren muss. So müssen allein in die Instandhaltung der Fahrtreppen jedes Jahr rund 1,8 Millionen Euro investiert werden. Da sind die Reinigungs- und Stromkosten noch nicht mal eingerechnet.

Beim Stromverbrauch hat die Bochum-Gelsenkirchener Verkehrsgesellschaft Bogestra mal nachgehakt. Danach schwankt der Verbrauch je nach Lage, Typ und Hersteller ziemlich stark und liegt im Leerlauf (also ohne Fahrgäste) pro Meter Förderhöhe und bei zwölfstündiger Betriebszeit zwischen 2,10 Euro und 6,70 pro Tag.„Für unsere langen Fahrtreppen am U-Bahnhof Bismarckplatz bedeutet dies, dass die täglichen Stromkosten 80 Euro pro Fahrtreppe betragen“, rechnet Evag-Sprecher Olaf Frei. Hinzu kommt noch der zusätzliche Verbrauch durch das Gewicht der Fahrgäste.

Nächstes Kapitel: Neuanschaffungen. Für eine neue Rolltreppe mit einem Höhenunterschied von zwölf Metern müssen glatt 800.000 Euro in die Hand genommen werden – fast zehn Mal so viel wie für manche Kaufhaus-Treppen, die nicht wetterfest sein müssen und keine Einzelanfertigungen sind, unterstreicht Abteilungsleiter Brand.

Zum Teil 30 Jahre alt

Die Evag-Rolltreppen sind im Durchschnitt zwölf Jahre alt. Damit haben viele zwar ihr Lebensalter, das bei 15 bis 40 Jahren liegt, noch nicht erreicht. Aber nach zehn bis 15 Jahren sind größere Reparaturen fällig, müssen Lager, Stufenketten und Antriebe ausgetauscht werden. Allein die Stufenkette für eine Rolltreppe am U-Bahnhof Bismarckplatz kostet 70.000 Euro, „ohne Einbau“, betont Brand.

Zurzeit werden die knapp 30 Jahre alten Rolltreppen der Haltepunkte Rüttenscheid, Florastraße und Martinstraße modernisiert. Brand: „Dort sind wir schon zu 70 Prozent fertig.“

Trotz des hohen Aufwandes kommt es immer wieder zu Ausfällen im Essener Rolltreppen-Netz. Vor allem, weil Jugendliche aus Spaß auf den Notstopp-Schalter drücken. Oder Vandalen es mit Gewalt gelingt, den Sicherungsschalter zu aktivieren – dann rollt nichts mehr, dann muss der Störungsdienst kommen. Bis zu 40 Manipulationen werden am Tag festgestellt, so die Schätzung. Besonders häufig im U-Bahnhof Bismarckplatz, wo sich Schüler einen Spaß daraus machen, die Rolltreppen lahmzulegen. Ebenso an anderen Haltepunkten in der Nähe von Schulen sowie auf der Nordstrecke in Altenessen, „dort haben wir extreme Probleme“, so Brand.

Fahrtreppen-Werkstatt am Hauptbahnhof

Aber auch der Dauerbetrieb von bis zu 20 Stunden am Tag erhöht den Verschleiß und führt zu Ausfällen. Zwar gelingt es in über 90 Prozent aller Fälle, den Defekt vor Ort schnell zu beheben. Aber wenn ganze und größere Bauteile repariert oder ausgetauscht werden müssen, kann das Wochen, gar Monate dauern.

In der Fahrtreppen-Werkstatt am Hauptbahnhof, in der neun Mitarbeiter tätig sind, ist noch Handarbeit gefragt. Schließlich handelt es sich bei allen Evag-Rolltreppen um Einzelfertigungen. Hinzu kommen mitunter lange Wartezeiten für die Lieferung. Ein Kettenhersteller benötigt dafür beispielsweise rund zwölf Wochen.

Immerhin – bei der Information ist die Evag wieder ganz schnell. Ausfälle von Fahrtreppen (im Durchschnitt sind sieben bis zehn Prozent nicht verfügbar) und Aufzügen teilt sie sofort auf ihrer Internetseite unter der Rubrik Verkehrsinfos mit. Gestern mittag beispielsweise meldete die Evag um 14 Uhr mehrere Ausfälle: Im U-Bahnhof Berliner Platz sind gleich mehrere Fahrtreppen defekt. Und an der H-Universität Essen ist die Rolltreppe am Reckhammer Weg außer Betrieb.

Nichts Neues – im Essener Untergrund.