Essen. . Zwei Jahre nach der Tat wurde Cemil G. in der Türkei zu 37 Jahren Haft verurteilt: wegen Mordes an der Tochter und versuchten Mordes an der Frau.
Anderthalb Jahre nach den Todesschüssen in Essen-Frohnhausen ist in der Türkei das Urteil für Cemil G. gefallen: Das Gericht in der Großstadt Gaziantep verurteilte ihn zu 37 Jahren Haft: wegen Mordes an seiner Tochter und versuchten Mordes an seiner Frau.
Es ist der 14. August 2013, als Nachbarn am Abend mehrere Schüsse in dem Mehrfamilienhaus an der Busehofstraße hören und die Polizei um 19.30 Uhr alarmieren. Da hat der dreifache Familienvater Cemil G. kurz zuvor eine großkalibrige Waffe auf seine 19-jährige Tochter und seine Frau gerichtet, er tötet sein Kind und verletzt seine Frau lebensgefährlich.
Während ein ganzer Stadtteil nach der blutigen Tat unter Schock steht, beginnt die monatelange Flucht von Cemil G.. Erst zu Fuß, dann mit einem Essener Taxi, mit dem er offenbar zum Flughafen Schiphol in Amsterdam gelangt. Er fliegt in die Türkei, als längst die europaweite Fahndung auf Hochtouren läuft. Grenzschützer in der Türkei fassen Cemil G. schließlich Mitte November mit einem gefälschten Pass, als er sich nach Georgien absetzen will. Er kommt in die Justizvollzugsanstalt in Gaziantep und vor Gericht.
20 Jahren für Mord an Tochter und 17 Jahren für versuchten Mord an Ehefrau
„Die Gesamtstrafe von 37 Jahren setzt sich aus 20 Jahren für den Mord an seiner Tochter und 17 Jahren für den versuchten Mord an der Ehefrau zusammen“, erklärt Volker Schröder, Anwalt der Opferfamilie. Seine Mandantin sei inzwischen von Cemil G. geschieden, lebt mit ihrer jüngsten Tochter zusammen und ist im vergangenen Jahr in ihren Beruf zurückgekehrt. Sie kämpft sich zurück ins Leben.
Für ihre damals 19 Jahre alte Tochter kommt am 14. August jede Hilfe zu spät. „Unsere Kollegen haben versucht, sie zu reanimieren“, erklärt Polizei-Sprecher Peter Elke damals. Die junge Frau aber stirbt noch in der Wohnung, vor der am nächsten Tag Blumen liegen, Kerzen brennen und Porzellanengel stehen. Freunde, Bekannte und Nachbarn trauern gemeinsam vor der Tür, suchen nach Worten für das Unfassbare und erinnern sich an eine fröhliche, junge Frau. Sie sei temperamentvoll und direkt gewesen und so lebensfroh – bis ihr eigener Vater dieses Leben jäh beendet.
Hausverbot für den Familienvater ausgesprochen
Streit gibt es in der Familie immer wieder in den Jahren zuvor, mehrfach laufen Strafverfahren gegen Cemil G., die Polizei ist auch wegen Fällen von häuslicher Gewalt vor Ort. Es wird ein Hausverbot für den Familienvater ausgesprochen, der dann in seiner Eisdiele an der Krefelder Straße schläft. Immer weiter sei es mit ihm bergab gegangen, von finanziellen Sorgen berichten Nachbarn, von denen manche regelmäßig den lauten Streit in der Familie bis auf die Straße hören.
Hinweise auf eine solche Tat aber habe es nie gegeben, sagt die Polizei kurz nach der Tat. Die Situation eskaliert an dem Mittwoch. Cemil G. schießt. Später vor Gericht spricht er von einem Unfall. Seine Tochter habe sich schützend vor ihre Mutter geworfen, nur deshalb habe sie die tödliche Kugel getroffen. „Das haben kriminaltechnische Untersuchungen widerlegt“, sagt Schröder. Die beiden Frauen hätten an zwei verschiedenen Stellen des Raumes gestanden. „Er hat gezielt auf beide geschossen“, so der Jurist, der die Familie seit 25 Jahren kenne und bis zu dieser Tat der Verteidiger von Cemil G. gewesen sei, etwa nach Sexualdelikten und Körperverletzungen. Jetzt steht Volker Schröder an der Seite der Ex-Frau, die nun sehr erleichtert sei. Auch wenn Cemil G. wohl sehr viel weniger als die 37 Jahre verbüßen werde, „wahrscheinlich werden es etwa 20 Jahre sein.“