Essen. . Der mutmaßliche Todesschütze von Essen-Frohnhausen, Cemil G., hat die tödlichen Schüsse auf seine Tochter und seine Frau vor einem Gericht im türkischen Gaziantep als „Unfall“ dargestellt. Gegen den 51-Jährigen läuft der Prozess wegen Mordes. Bei einer Verurteilung droht ihm eine lebenslange Haftstrafe.

Cemil G., der mutmaßliche Todesschütze von Frohnhausen, muss sich derzeit vor einem Gericht in der türkischen Großstadt Gaziantep nahe der syrischen Grenze verantworten. Das sagt der Essener Rechtsanwalt Volker Schröder, der die Opferfamilie vertritt. Die Anklage gegen Cemil G. laute auf Mord, versuchten Mord und Raub. Dem heute 51-Jährigen wird vorgeworfen, am 14. August des vergangenen Jahres seine damals 19-jährige Tochter erschossen und seine 45-jährige Ehefrau mit einer großkalibrigen Waffe lebensgefährlich verletzt zu haben. G. soll nach der Tat mit einem Taxi zum Flughafen Schiphol nach Amsterdam geflohen sein und sich von da in die Türkei abgesetzt zu haben. Festgenommen wurde er schließlich von türkischen Grenzern im November, als er mit einem gefälschten Pass nach Georgien ausreisen wollte. Über Monate war nach ihm mit Europäischem Haftbefehl international gesucht worden.

Zum Prozess wird G. aus der Justizvollzugsanstalt in Gaziantep, in der er in Untersuchungshaft sitzt, vorgeführt. In einer ersten Anhörung soll der 51-Jährige nach Schröders Angaben von einem „Unfall“ gesprochen haben. Das Gericht aber sehe diese Behauptung bereits mit dem zweiten Schuss widerlegt. G. soll mehrere Kugeln sowohl auf seine Frau wie auf seine Tochter abgefeuert haben. Im Anschluss soll er aus der Wohnung noch 2.700 Euro Bargeld geraubt haben. Die Familie hatte ursprünglich für den Tag nach der Tat eine Reise in die Türkei geplant.

Ehefrau bleibt Aussage vor Gericht erspart

Die zunächst lebensgefährlich verletzte Ehefrau hat sich von den Schüssen inzwischen gesundheitlich erholt, seelisch leide sie noch sehr, berichtet Schröder: „Sie versucht zu vergessen und nicht immer wieder daran erinnert zu werden.“ „Heilfroh“ sei sie darüber, dass ihr eine Aussage vor dem türkischen Gericht und ein Wiedersehen mit G. erspart bleibe. Über die Botschaft seien ihre Angaben übermittelt worden und liegen der Kammer nun in schriftlicher Form vor. Die Ehefrau wird vor Gericht von einem türkischen Anwalt vertreten. Außerdem habe das Familienministerium des Landes ihr einen weiteren Rechtsvertreter bestellt. Hintergrund: In der Türkei habe es in den letzten Monaten mehrere ähnlich gelagerte Familiendramen gegeben.

Die Ehefrau ist inzwischen ins Berufsleben zurückgekehrt, erklärt Schröder, „und versucht darin Ablenkung zu suchen“. Noch ist das Ehepaar G. verheiratet, die Scheidung ist allerdings eingereicht.

G. droht im Falle einer Verurteilung eine lebenslange Haftstrafe. Mit einem zweiten Prozesstag rechnet Rechtsanwalt Schröder noch in diesem Monat. Wann das Gericht ein Urteil fällt, ist derzeit aber noch nicht absehbar. Auf den „Komfort“ eines deutschen Gefängnisses wird G. im Fall einer Verurteilung nicht hoffen können. Die Türkei liefert eigene Staatsangehörige nicht in andere Länder aus.