Essen/Düsseldorf. Nach dem Spiel Rot-Weiss Essen gegen Fortuna Düsseldorf II hat ein Hooligan laut Anklage einen Polizisten so gewürgt, dass der bewusstlos wurde. Im Mai beginnt der Prozess.
Klein ist er, aber kompakt und massig. 103 kg Körpergewicht auf 1,70 Meter Größe. Ein Fußballfan, der sich nicht als Hooligan sieht. Ab dem 15. Mai muss sich Christian P. (23) vor dem Essener Schwurgericht wegen versuchten Totschlags verantworten, weil er einen Polizisten nach einem Fußballspiel in Essen gewürgt und, laut Anklage, in Lebensgefahr gebracht hat.
„Er wollte ihn nicht töten“, sagt sein Verteidiger Volker Schröder über den Mann aus Düsseldorf, „er hat nur einem anderen Fan helfen wollen, der in Bedrängnis war“. Von einem versuchten Tötungsdelikt könne keine Rede sein.
Es war der 14. November 2014. Die zweite Mannschaft von Fortuna Düsseldorf hatte gerade das Regionalligaspiel gegen Rot-Weiss Essen an der Hafenstraße unter Flutlicht mit 0:3 verloren. Essener Fans kommentierten mit spontanen Gesang die als arrogant empfundene Düsseldorfer Werbekampagne in ihrer Stadt, nach der die Landeshauptstadt das bessere Einkaufsparadies sei. „Ihr könnt jetzt shoppen gehen“, sangen die Essener.
Polizist verlor zwischenzeitlich das Bewusstsein
Gereizt, ja aggressiv war die Stimmung der unterlegenen Düsseldorfer Fans, die von der Polizei zum Hauptbahnhof begleitet wurden. Um 21.50 Uhr trat Christian P. in Aktion. Auf Bahnsteig 2 hatte ein Polizist die Personalien eines Fortunen aufnehmen wollen, weil dieser ihm den „Stinkefinger“ gezeigt hatte. Christian P. soll ihn von hinten angesprungen, ihm den rechten Arm um den Hals gelegt und diesen mit der linken Hand angezogen haben. Beide stürzten, P. hielt den Griff fest.
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Der Polizist verlor zwischenzeitlich das Bewusstsein, versuchte nach dem Angreifer zu schlagen. Doch der soll ihm in den Finger gebissen haben. Erst durch massiven Einsatz anderer Polizisten sei es gelungen, P. mit Schlägen auf den Kopf von dem Beamten zu lösen. Töten wollte er ihn nicht? Akute Lebensgefahr bestand durch das Würgen, stellten Mediziner später fest. „Es tut mir leid“, beteuerte der 23-Jährige Christian P. nach der Festnahme.
Das sagt er nach fast jeder Straftat: Seit er 15 ist, hat er 14 Ermittlungsverfahren ausgelöst. Schlägt mal Mutter und Schwester, mal Fremde auf offener Straße, droht mit dem Messer. Greift immer wieder Polizisten an: Die Uniformen lösen bei ihm wohl einen Reflex aus – wie bei Fortuna-Partien in Bielefeld, Paderborn oder häufig gegen RWE.
Konsequenzen erlebt er nicht. Die Ermittlungsverfahren stellt Justiz in der Regel ein. Therapieauflagen hält er nicht durch. Einige Wochen verbringt er in der Kinder- und Jugendpsychiatrie, erzählt, dass er selbst einmal Opfer einer Gewaltattacke geworden sei. Ob es stimmt? Der Angreifer in seinen Geschichten ist auswechselbar: mal ein Neffe, Mitschüler, zwei Ausländer, mal eine Attacke an der Bushaltestelle.
Förderschule, kein Abschluss, keine Ausbildung
Christian P. wurde ein Intelligenzquotient von 64 attesiert. Aber vielleicht hat er sich dabei schlechter gestellt, als es seinen wahren intellektuellen Fähigkeiten entspricht, mutmaßt Psychiater Norbert Leygraf, der ihn im Auftrag des Schwurgerichtes untersuchte.
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Förderschule, weder Schulabschluss noch Ausbildung: Sein Leben ist nicht geprägt von Erfolgen, sondern von Anerkennung in der Fußballszene. Bei der Demo „Hooligans gegen Salafisten“ am 26. Oktober 2014 in Köln fiel er auf, weil er einen 6,5-Kilo schweren Poller in den Rücken eines Polizisten warf.
Christian P. will nicht viel von eigener Schuld wissen, immer sind die anderen verantwortlich. Er sieht sich als Opfer. Auch als Opfer seiner „Aussetzer“, die ihn „wie im Kinofilm“ gewalttätig werden lassen.
Im Mai könnte er erstmals harte strafrechtliche Konsequenzen spüren. Vor dem Essener Schwurgericht droht ihm neben einer Verurteilung die Einweisung in die geschlossene Psychiatrie. Psychiater Leygraf sieht bei ihm jedenfalls eine hohe Rückfallgefahr.