Essen. . Die 120 Millionen Euro teure Einrichtung hatte Startprobleme und konnte erst mit Verspätung eröffnet werden.

Ann-Kathrin hat eine Kette mit bunten Perlen. Jeden Tag bekommt die 12-Jährige eine weitere Perle hinzu. Immer, nachdem sie im Westdeutschen Protonentherapiezentrum (WPE) auf dem Behandlungstisch lag und bestrahlt wurde. Das Mädchen hatte einen Hirntumor hinter dem rechten Auge. Der bedrohte ihre Sehkraft. Und ihr Leben. Der Tumor wurde bei einer Operation entfernt. Im WPE wird sie behandelt, um weitere bösartige Zellen zu zerstören. Bis zum 23. April. Dann steht die letzte Bestrahlung an, dann gibt es die letzte Perle für ihre Kette. Dann ist Anne-Kathrin hoffentlich geheilt.

Ann-Kathrin, das junge Mädchen aus Paderborn, ist das 100. Kind, das im Westdeutschen Protonentherapiezentrum behandelt wird. Der Betrieb in der 120 Millionen Euro teuren Einrichtung am Uniklinikum hat nach erheblichen Startproblemen Fahrt aufgenommen. Eigentlich sollten hier schon längst 1000 Patienten pro Jahr behandelt werden. Doch statt Ende 2009 wurde erst Mitte 2013, und damit fast vier Jahre später, der Betrieb aufgenommen. Das Konsortium, das das Zentrum gebaut hatte, wollte es ursprünglich 2009 öffnen. Das Uniklinikum, als Betreiber, monierte allerdings zahlreiche bauliche und technische Mängel. Es kam zum Rechtsstreit und zu erheblichen weiteren Verzögerungen, bis „Am Mühlenbach 1“ endlich Patienten behandelt werden konnten.

Bauliche und technische Mängel

Die Uniklinik hatte zwischenzeitlich das WPE von den Investoren gekauft. Inzwischen werden von den 60 Mitarbeitern 250 Patienten pro Jahr behandelt. Und die Zahl soll kontinuierlich erhöht werden. Kommende Woche geht der dritte Therapieplatz in Betrieb. Für den vierten und letzten ist das „Ende 2015, Anfang 2016 vorgesehen“, kündigt Direktorin Prof. Beate Timmermann an. 2018 sollen dann 1200 Patienten pro Jahr behandelt werden. Die Nachfrage nach der Protonentherapie, die als wirksam und schonend gilt und die an drei Orten in Deutschland angeboten wird, ist bei Erkrankten groß. „Die Patienten kommen aus dem ganzen Land und dem benachbarten Ausland“, sagt Prof. Timmermann.

Das WPE, das in dieser Form auch in Europa Alleinstellungsmerkmale besitzt, bietet vor allem jüngeren Patienten Hoffnung bei einer Krebserkrankung. „Kinder haben bei uns eine Sonderstellung“, sagt die Direktorin. „Die Protonentherapie ist für sie verträglicher als die Röntgenstrahlen, weil sie sehr zielgenau wirkt.“ Dadurch verringert sich das Risiko eines weiteren Tumors als Spätfolge. Und nachdem es früher darum ging, dass die erkrankten Patienten überleben, sind heute die Heilungschancen durch die Therapien erheblich gestiegen. „Deshalb ist auch eine unserer Aufgaben, die Folgen der geheilten Erkrankung für das weitere Leben gering zu halten“, erklärt die Direktorin. So, wie es auch im Fall von Ann-Kathrin war: Früher hätte bei ihrer Tumor-Behandlung das rechte Auge wahrscheinlich entfernt werden müssen. Dank der modernen Therapie kann die Zwölfjährige ihren Gegenüber weiter mit ihren wachen Augen anlächeln.