Essen. . Der Aufsichtsrat der Essener Stadttochter GVE sieht sich durch die Umleitung der Folkwang-Gelder getäuscht, ein Protokoll belege das. Hillebrand deutet an, es habe Mitwisser im Rathaus gegeben.
In der Affäre um finanzielle Unregelmäßigkeiten bei der Grundstücksverwaltung Essen (GVE) hat der Aufsichtsrat der städtischen Tochtergesellschaft einen vorläufigen Schlussstrich gezogen: Der Vertrag mit Geschäftsführer Andreas Hillebrand wurde am Freitag aufgehoben; die fristlose Kündigung wurde dem 59-Jährigen unmittelbar nach der Sitzung überreicht. Am Montag wird die Stadt der Empfehlung des Aufsichtsrats wohl folgen und Hillebrand als Geschäftsführer abberufen. Seinen Laptop musste er nach WAZ-Informationen bereits gestern abgeben.
Dass die Tage Hillebrands als GVE-Chef gezählt sein würden, stand fest, seit ihm das städtische Rechtsamt erhebliche Pflichtverletzungen zur Last gelegt hat – insbesondere im Umgang mit der treuhänderisch zu verwaltenden Instandhaltungsrücklage fürs Folkwangmuseum. Das Geld floss ins Stadion. Dennoch war mit einer fristlosen Kündigung nicht unbedingt zu rechnen, da als fraglich gilt, ob der Tatbestand der Untreue tatsächlich erfüllt ist. Der vom Aufsichtsrat hinzugezogene Rechtsanwalt hatte sich zurückhaltend geäußert. Vertragspartner der Krupp-Stiftung zum Umgang mit Folkwang war nicht die GVE, sondern die Stadt. Ein Standpunkt, auf den sich dem Vernehmen nach gestern auch Hillebrands Anwalt Thomas Hermes von der Kanzlei Holthoff-Pförtner stellte.
Aufsichtsrat sieht sich getäuscht
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Ausschlaggebend aus Sicht des Aufsichtsrates war offenbar ein Protokoll einer Sitzung des Kulturausschusses vom 5. Februar 2013. Dort soll Hillebrand den Politikern mitgeteilt haben, dass die GVE die Folkwang-Gelder treuhänderisch anlegen werde, was dann aber nicht geschah. Im Klartext: Hillebrand war offenbar klar, wie er mit dem Geld umzugehen habe. Bislang hatte er sich auf den Standpunkt zurückgezogen, es habe dazu keine Anweisungen von Seiten der Stadt gegeben.
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Der Aufsichtsrat sieht sich also getäuscht. Nur so lässt sich der fristlose Rauswurf rechtfertigen. Alle anderen Verfehlungen, die Hillebrand als Pflichtverletzung angelastet werden, sind dem Gremium bekannt gewesen und ermöglichten allenfalls eine ordentliche Kündigung mit Vertragsablauf zum Jahresende. Ein Hintertürchen gibt es: Bis zur erwartenden Abberufung am Montag bleibt Hillebrand der Weg zu einer einvernehmlichen Auflösung des Arbeitsverhältnisses offen, allerdings ohne dass die GVE auf Schadenersatzansprüche verzichten würde. In Kreisen des Aufsichtsrates wird erwartet, dass Hillebrand diesen Weg geht.
Offen blieb, ob es tatsächlich seine einsame Entscheidung war, die höheren Baukosten für das Stadion unter anderem mit Folkwang-Geldern zu decken. Hillebrand deutete an, dass es im Rathaus Mitwisser gab - wen genau, das behielt er allerdings auch gestern für sich.