Essen. Ablehnung der Geldauflage nach Einstellung des Kinderporno-Verfahrens durch den Kinderschutzbund Niedersachsen kostete den Ortsverband Mitglieder.

Selbst wenn sie Spenden als gemeinnütziger Verein immer bitter nötig haben – in diesem Fall geht es ihnen weniger ums Geld. Jedenfalls nicht um jene lumpigen 5000 Euro, die der Kinderschutzbund Niedersachsen ablehnte, als das Landgericht Verden den Kinderporno-Prozess gegen den ehemaligen SPD-Bundestagsabgeordneten Sebastian Edathy gegen Zahlung eben dieser Summe einstellte.

Dem Essener Kinderschutzbund geht es inzwischen um viel mehr: Ums grundsätzliche Verstandenwerden in diesem abgeschlossenen und vielleicht noch anstehenden vergleichbaren Verfahren. Es geht um das hohe Gut der eigenen Glaubwürdigkeit, um als konsequente Lobby für das Wohlergehen von Kindern in dieser Stadt eintreten zu können.

Lange über eigene Position nachgedacht

Lange haben sie deshalb darüber nachgedacht, ob und wie sie sich wahrnehmbar positionieren sollen zu diesem ethisch alles andere als leichtfüßigen Sachverhalt. Natürlich gab es viel Lob dafür, um jeden Preis den Eindruck vermeiden zu wollen, man könne sich von Vergehen an Kindern freikaufen. Doch es gab auch andere Reaktionen: Als selbst gestandene Mitglieder nach der Ablehnung des Geldes durch den Verband im fernen Niedersachsen dem hiesigen Ortsverband den Rücken kehrten, war die Entscheidung klar. Ulrich Spie, Vorstandsvorsitzender des Essener Kinderschutzbundes, will nicht länger schweigen, während die Diskussion ungeahnte Ausmaße annimmt. „Diese Austritte haben mich erschreckt“, sagt Spie. Und die Begründungen für die Entscheidungen der früheren Mitglieder umso mehr: Ihr braucht wohl kein Geld mehr, hieß der haltlose Vorwurf in Richtung der Kinderschützer, wohlwissend, dass das Gegenteil der Fall ist.

Bei den Austritten handele es sich zwar um Einzelfälle. Dennoch will Spie eins klarstellen: Im Sinne eines echten und ehrlich gemeinten Täter-Opfer-Ausgleichs werde der Essener Kinderschutzbund, so wie er es bisher schon getan hat, auch zukünftig Geldauflagen grundsätzlich annehmen. Es seien schwankende Einnahmen, zudem komme auf diesem Weg immer weniger Geld zusammen. Wem eine fünfstellige Summe im Jahr zufließt, der kann sich glücklich schätzen. Und es ist leichtverdienstes Geld: Denn der Adressat der Zuwendungen von Richters Gnaden erfährt im Regelfall keine Einzelheiten aus dem Verfahren, weiß nicht, ob es sich um Verkehrsdelikte oder einen Missbrauch von Kindern handelt.

Moralisch schuldig

Der Fall Edathy hingegen hat eine solche Öffentlichkeit erfahren, dass niemand sich nichtwissend stellen konnte, selbst wenn er gewollt hätte. Und er warf ein aus Sicht des Kinderschutzbundes entlarvendes Licht auf den Angeklagten selbst: „Das Auftreten von Herrn Edathy vor, während und nach dem Verfahren hat die Gefühle vieler vergleichbarer Opfer so massiv verletzt – und diese Rückmeldung haben wir von Betroffenen in hoher Anzahl bekommen –, dass es dem Deutschen Kinderschutzbund nicht zumutbar war, diese Geldauflage anzunehmen“, so Spie: „Als Lobbyverband haben wir die Interessen der Opfer sexueller Gewalt zu vertreten und deren Gefühle zu achten.“

Die Einstellung des Verfahrens sei rechtlich nicht zu kritisieren. Aber Sebastian Edathy habe sich mindestens unter moralisch ethischen Gesichtspunkten schuldig gemacht und sich einer Aufarbeitung dieser Schuld bis heute verweigert. Das sei ein fatales Signal, meint Spie: „Die Nutzung von Kinderpornographie ist kein Kavaliersdelikt, denn dahinter steht immer der Missbrauch eines Kindes.“