Essen. Die „Essener Beiträge“ erinnern an den 1. April 1915, als Altenessen, Borbeck und Bredeney zu Essen kamen. Oberhausen wollte am Nordwesten nagen - vergeblich.

Genau 100 Jahre gehören Altenessen, Borbeck und Bredeney zu Essen, am 1. April jährt sich für diese drei großen Stadtteile die Eingemeindung. Da liegt es nah, dass die „Essener Beiträge“, das Jahresperiodikum des Historischen Vereins für Stadt und Stift Essen, dieses Ereignis in den Mittelpunkt ihres 127. Bands stellen. Eingemeindungen gab es zwar vorher schon einige, darunter die wichtigen Zuwächse Altendorf (1901) und Rüttenscheid (1905), doch erst im Kriegsjahr 1915 bekam Essen das Volumen einer Großstadt und war unverkennbar als wichtigste Stadt des Ruhrgebiets. zu erkennen.

Stadtarchivar Klaus Wisotzky hat die Vorgeschichte erforscht und eine für ihn überraschende Entdeckung gemacht: „Es gab keine großen Konflikte.“ Für das Versprechen von Steuererleichterungen, Straßenpflasterungen und einigen Schulbauten waren die Gemeinderäte und andere Würdenträger bereit sich Essen anzuschließen. Das Ja von Gustav Krupp war im Fall Bredeney wichtig, und wurde dem Villa-Hügel-Bewohner im Wege eines Tauschgeschäfts schmackhaft gemacht: „Die Stadt verkaufte Krupp ein Grundstück am Stadthafen, wo dann später das Hochofenwerk Borbeck entstand“, so Wisotzky.

Regierungspräsident ordnete Volksabstimmung an - für 1912 bemerkenswert

Das gemeine Volk wurde nicht gefragt - mit einer Ausnahme: Das ebenfalls rasant wachsende Oberhausen verlangte, dass Frintrop vom Sprengel Borbeck abgetrennt und seinem Stadtgebiet zugeschlagen wurde. Die Mehrheit der Frintroper selbst, seit Jahrhunderten zu Borbeck gehörig, lehnte dies leidenschaftlich ab, und Essen wollte natürlich auch diese nordwestlichste Gemeinde für sich. Obwohl beim Düsseldorfer Regierungspräsidenten die Sympathien für Oberhausen überwogen, ordnete er 1912 eine Volksabstimmung an. „Im Kaiserreich mit seinen obrigkeitsstaatlichen Strukturen ein bemerkenwertes Zugeständnis“, urteilt Wisotzky.

Ein schmutziger Wahlkampf begann, in dem beide Städte mit scharfer Propaganda die jeweils andere madig machten. Oberhausen habe außer Industrie nichts zu bieten, sagten die Essener. Die Oberhausener Stadtväter lockten, Frintrop könne bei ihnen eine aktivere Rolle spielen als im fernen Essen, wo Frintrop in Wahrheit gar nicht wirklich gewollt sei.

Oberhausener Liebeswerben blieb vergeblich

Essen im Ersten Weltkrieg

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Das Oberhausener Liebeswerben blieb vergeblich: Von den 2880 wahlberechtigten Frintropern stimmte bei einer Beteiligung von 88,4 Prozent eine satte Zwei-Drittel-Mehrheit für Essen, wobei die rund 1000 in Frintrop lebenden Eisenbahner eine entscheidende Rolle spielten – wohl auch, weil sie in Essen einen etwas höheren Ortstarif erhielten, wie Wisotzky vermutet. Auch bei der Grenzziehung musste Oberhausen zähneknirschend nachgeben: Das Gelände der Gutehoffnungshütte - heute steht hier das Centro - wurde abgetrennt, der Sammelbahnhof Frintrop aber blieb bei Essen. Alle Proteste fruchteten nichts. „Die Anziehungskraft, die Essen ausübt, ist unstreitig größer“, ließ Oberhausens Oberbürgermeister seinen Rat der Stadt resigniert wissen.

StadtgeschichteEine spannende Geschichte – und im Buch finden sich weitere interessante Aufsätze: etwa über Abiturarbeiten in der Viktoriaschule im 1. Weltkrieg, über Alfred Krupp und das Burggymnasium oder über den Architekten P.F. Schneider, der unter anderem in den 50er Jahren das Hauptbad baute.

Bibliografische Notiz: Essener Beiträge Band 127, 433 Seiten, Klartext-Verlag, 25 Euro