Kaiserin Elisabeth bittet im Essener Colosseum zum Totentanz
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Essen. Premiere für das Musical „Elisabeth“: Starkes Ensemble bringt aristokratischen Glanz und gefühlvolle Glut ins Colosseum. 290 Kostüme sorgen für Bühnenpracht.
Die Kaiserin ist zurück. Fast 14 Jahre ist es her, dass „Elisabeth“, das Musical, im Essener Colosseum Deutschlandpremiere feierte. Damals dauerte die Regentschaft noch mehr als ein Jahr. Inzwischen sind auch die Halbwertzeiten von Majestäten auf der Musicalbühne gezählt. Gut drei Wochen wird „Sissi“ in Essen bleiben, dann geht es weiter nach München, Linz, Frankfurt.
Fast so wie im richtigen Leben der ruhelosen Kaiserin, die zeitlebens auf der Flucht war – vor sich selbst, den Zwängen des Hofes und vor dem leibhaftigen Tod, der im Musical von Michael Kunze und Silvester Levay ein bedrohlicher Schatten, aber auch ein erotischer Verführer sein darf. Pia Douwes und Uwe Kröger haben dieses Paar zu einer legendären Einheit gemacht. In Roberta Valentini und Mark Seibert haben sie würdige Nachfolger gefunden, die bei der Premiere mit minutenlangem Applaus gefeiert wurden.
Attentäter als Publikumsliebling
Valentini trifft den herbsüßen Ton mit Bravour, eine Kaiserin mit Anmut und langem Atem in den nicht anspruchslosen Partien. Ihr gelingt die Wandlung vom süßen Fratz, in den sich der junge Kaiser gegen alle mütterlichen Planspiele verschießt, bis zur gebrochenen, ergrauten Mutter, die den Tod ihres eigenen Sohnes Rudolf beweinen muss. Und wenn sie ihren Bekenntnis-Hit „Ich gehör’ nur mir“ singt, dann heißt das immer noch Gänsehaut.
Maximilian Mann meistert seinen Part als Kaiser Franz Joseph mit inniger Grandezza. Wohlwissend dass er auf der Bühne nicht gegen die Rollenbeschreibung ansingen kann - die des etwas steifen Soldaten wider Willen, der unter der Fuchtel seiner strengen Mutter steht, aber eigentlich nur die Liebe seiner vergötterten Sissi ersehnt. Mark Seibert hingegen zieht alle Register eines heißkalten Frauen-Flüsterers. Als Publikumsliebling par excellence ist auch Kurosch Abbasis Attentäter Lucheni angelegt, der als rotzfrecher Filou und Anarcho durch die Handlung führt. Und irgendwann wird er — Sissis Mörder.
Sissi hält Hof im Hugenpoet
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Aber der Tod ist ja ohnehin in fast jedem Moment präsent in dieser Inszenierung, die Bühnentechnik hat ihm eine hydraulische Brücke ins Diesseits gebaut.
Ansonsten setzt die Inszenierung vor allem auf die prachtvolle Wirkung der annähernd 300 Kostüme und 150 Perücken. Die mehr als 30 Szenenwechsel schnurren dank emsig eingesetzter Drehbühne flott und farbenreich zwischen Schloss Schönbrunn und Genfer See dahin. Und die variabel gehaltene Bühne bietet genug Raum für wirkungsvolle Choregrafien auch wenn die auf die Rückwand projizierten Kulissen-Bilder bisweilen etwas beliebigen zwischen Schlösser-Architektur und der flackernden Grellheit eines „Game of Thrones“-Videos schwanken.
Aber das stört nicht weiter in dieser Inszenierung, die dem zuckersüßen, von Fernsehbildern geprägten „Sissi“-Klischee einen guten Schuss Melancholie und viele inzwischen unsterbliche Songs entgegensetzt – über Sissi und ihren Tanz mit dem Tod.
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