Essen. Die Essener Fußballkreise haben neue Schiedsrichter ausgebildet. Die Unparteiischen wollen sich von Beleidigungen und Gewalt nicht abschrecken lassen.

Fußball ist ja eigentlich ganz einfach. Jeder kann mitreden. Jeder weiß alles. Und das meistens auch noch besser.

Das sind Regeln, die zwar nicht zum offiziellen Prüfungsstoff gehören, die die 21 neuen Schiedsrichter aus den Essener Fußballkreisen Süd/Ost und Nord/West an sechs Abenden in den letzten Wochen trotzdem gelernt haben. Denn beim Fußball reden alle mit. Und auf dem Platz gerne mal laut.

19 Jungs und zwei Mädchen, 14 bis 28 Jahre alt, hatten in dieser Woche ihre Prüfung auf der Bezirkssportanlage Überruhr. Erst der Papierbogen mit 30 Regelfragen. Dann der Lauftest mit Sprints und Ausdauerübung.

Gewalt auf Fußballplätzen hat deutlich zugenommen

Nach zwei Stunden waren alle neuen Jung-Schiedsrichter durchgeschwitzt. Und erhielten von Obmann Christian Kloppenburg, einem der Väter der 410 Mitglieder großen Schiedsrichter-Familie in Essen, Glückwünsche: „Ihr habt bestanden und seid jetzt richtige Schiedsrichter. Ein tolles Hobby. Ihr seid an der Luft, könnt das Taschengeld aufbessern und lernt neue Menschen kennen.“

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    Vor allem mit dem „neue Menschen kennenlernen“ war das allerdings zuletzt so eine Sache. Denn das geschah in Essen für zwei Unparteiische auf sehr unangenehme Weise: Sie wurden von Fußballern geschlagen. Es sind Momente, in denen die Essener Schiedsrichter-Familie spürbar zusammenrückt. Auch sonst hat die Gewalt auf den Plätzen zugenommen. „Das merken wir“, sagt Christian Kloppenburg. 50 Teilnehmer hatte der letzte Schiedsrichter-Kurs im Herbst. Dieses Mal sind es weniger als die Hälfte.

    Längst hören mehr Unparteiische jedes Jahr auf, als Jung-Schiedsrichter nachkommen. Von den 21 Neulingen aus Überruhr, so ist zu befürchten, wird knapp die Hälfte nach einem Jahr die Pfeife aus der Hand gelegt haben. „Einer von zehn Schiris sagt, das Pfeifen ist doch nicht so seine Sache. Die anderen sagen, sie wollen sich nicht ständig von Trainern und Eltern beschimpfen lassen“, hat Michael Müller beobachtet. Müller ist langjähriger Schiedsrichter, begleitet die Anfänger als Pate bei den ersten Spielen.

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    Die stehen bereits an diesem Wochenende an. Bei Duellen von Jugendteams im Stadtgebiet. „Am Anfang machen die Schiedsrichter Fehler. Das ist mir auch passiert. Aber daraus lernt man und wird besser und sicherer“, spricht Michael Müller aus eigener Erfahrung. Allerdings weiß er auch: „Schlimm ist, was man sich inzwischen alles von der Außenlinie anhören muss. Von Trainern, von Vätern, von Müttern, von Omas und Opas. Da gibt es keine Grenzen, egal, wie klein die eigenen Kinder sind.“ Die hören auch, was die Zuschauer in welcher vulgären Tonart alles besser wissen.