Essen. Beim bundesweiten Fahrradklima-Test des ADFC hat Essen mit der Note „Ausreichend“ abgeschnitten. Viele Fahrradfahrer hatten sich diesmal mehr versprochen, doch es gibt auch positive Entwicklungen

Vier gewinnt – so lautet das Motto mäßig bis schlechter Schüler, die sich jedes Schuljahr mit Ach und Krach auf die Note „Ausreichend“ retten können, doch loben die Lehrer stets deren glaubhafte Bemühungen, sich demnächst zu bessern. In dieser Rolle sieht Jörg Brinkmann, Vorsitzender des Essener Kreisverbandes im Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Club (ADFC) die Stadt Essen, wenn es um die Fahrradfreundlichkeit der Ruhrstadt geht. Ebenso wie 2012 hat Essen im großen „Fahrradklima-Test“ des ADFC mit der Zensur 4,0 abgeschnitten und auch in den Vorjahren lag man stets irgendwo im Vierer-Bereich. Streber sehen anders aus.

Die findet man etwa im Münsterland, wo Städte wie Rhede, Bocholt oder Reken im Vergleich zu 2012 die größte Verbesserung hingelegt haben. Immerhin: Es ist schon einiges geschehen, seitdem Essen 1991 einen unrühmlichen Negativ-Preis, die „Rostige Speiche“, verliehen bekam. Der Bundesschnitt der Umfrage liegt bei 3,8 – von den 39 Teilnehmerstädten belegte Essen den Rang 23 und landesweit Platz 7 von 15 NRW-Städten.

„Wir wünschen uns, dass die Stadt das Ergebnis der neuen Umfrage als Signal werten wird, um vor allem die Sicherheit von Radfahrern in Essen zu verbessern – für die Fahrradfreundlichkeit wird bei uns immer noch zu wenig getan“, so Brinkmann, zumal die Sicherheit auf der Liste verbesserungswürdiger Punkte ganz oben steht: Mit „mangelhaft“ bewerteten die Teilnehmer gar den Winterdienst auf den Radwegen, „der findet quasi nicht statt“, sagt Brinkmann.

Zu wenig Falschparker-Kontrollen auf Radwegen

Ebenfalls kritisch sehen viele mangelnde Kontrollen von Falschparkern auf den Radwegen, die für Radfahrer oft ein gefährliches Hindernis im Straßenverkehr darstellten. Das Freizeitradeln in Essen ist derweil wohl weniger ein Problem, gerade im Essener Süden finden Radler reizvolle Radwanderwege, wie etwa die idyllische Route rund um den Baldeneysee. Probleme bereitet vielen eher der Weg zur Arbeit mit dem Fahrrad, wenn dieser durch den dichten Stadtverkehr führt.

Laut Brinkmann sollte man in der Verkehrsplanung deshalb noch stärker als bisher auf separate Fahrstreifen für Radfahrer auf den Hauptstraßen setzen, dies sei – statt des Baus neuer Radwege – eine vergleichsweise preiswerte Lösung. Sehen und gesehen werden sei für alle Verkehrsteilnehmer das Wichtigste. Doch gibt es auch Positives zu berichten: Mit der Note 2,4 bewerteten die Teilnehmer etwa die Verfügbarkeit öffentlicher Fahrräder, das Verleihsystem für Anbieter wie etwa MetropolRadRuhr findet offenbar Anklang.

260 Einbahnstraßen für Radfahrer in beide Richtungen geöffnet

Auch begrüßen Fahrradfahrer, dass viele Einbahnstraßen für sie in Gegenrichtung geöffnet sind, was ihnen manche Abkürzung ermöglicht – in Essen sind es mittlerweile rund 260 Einbahnstraßen. Für manchen vielleicht ein Argument, das Auto häufiger mal zuhause stehenzulassen.

So zeichnet sich auch für Jörg Brinkmann insgesamt eine positive Entwicklung ab. Zwar sei Essen Mitglied in der Arbeitsgemeinschaft fahrradfreundlicher Städte und Gemeinden in Nordrhein-Westfalen, doch klafften Anspruch und Wirklichkeit noch immer stark auseinander. Brinkmann: „Es gibt viel zu tun.“