Essen. Das Kleine Theater am Gänsemarkt feiert in diesem Jahr 50. Bestehen. Man schwört auf ehrenamtliches Engagement und die fast familiäre Atmosphäre.

Ingo Scheuer ist einer der wenigen Regisseure, der im Theater gleichzeitig inszenieren und Kaffee kochen kann. Wahrscheinlich ist er einer der wenigen Regisseure, der überhaupt selber Kaffee kocht. Im Kleinen Theater leistet man sowas in Personalunion, ist Theatermacher, Buchhalter und Barkeeper in einem. Natürlich alles ehrenamtlich. In diesem Jahr wird die Bühne, die zu den ältesten Privattheatern NRWs gehört, 50 Jahre alt.

Wer das kuschelige Souterrain-Theater betritt, hat gleich Blickkontakt mit dem 2005 verstorbenen Gründer des Hauses, Helmut Gahmann. Der Folkwang-studierte Schauspieler mit dem exzentrischen Auftreten hatte die Bühne 1965 „aus einer Sektlaune heraus“ gegründet. Sieben Jahre wurde im Jugendzentrum an der Papestraße gespielt. 1972 zog das Kleine Theater ins Haus am Gänsemarkt 42, eine ausgebrannte alte Kneipe, die eigenhändig umgebaut wurde: mit Platz für 44 Sitze, jede Menge Herzblut und ein enormes Repertoire.

Weitermachen trotz Mini-Budgets

Über 150 Premieren hat man in den vergangenen 50 Jahren gefeiert, von Neil Simons „Plaza Suite“ bis zu Agatha Christies „Mausefalle“, von Jean Genets „Zofen“ bis zu Albees „Alles im Garten“. Aber kein Stück hat länger auf dem Spielplan gestanden als Sartres „Geschlossene Gesellschaft“. „Zuletzt war das Stück im Zentral-Abitur, das hat uns sehr geholfen“, erzählt Scheuer. Fast 250 junge Zuschauer sind in die Vorstellungen gekommen.

Das Stück hat vor zehn Jahren den Neuanfang eingeläutet als sich der Trägerverein nach dem Tod von Gahmann frisch gegründet hatte, fest entschlossen, „diese Institution nicht sterben zu lassen“. Trotz der winzigen Bühne, die keine Umbauten zulässt. Trotz des Mini-Budgets von derzeit nicht mal 5000 Euro institutioneller Förderung. 25 Mitglieder waren von Anfang an dabei, heute zählt der Verein 60 Unterstützer, davon zwei Drittel Aktive.

"Dem Publikum was zumuten"

Zum Ensemble gehören Post-Manager wie Rentner, manchen Ehemaligen kann man heute sogar in den Münchner Kammerspielen oder im Fernsehen sehen. Gage gibt es nicht, dafür aber Sprech- und Bühnentraining, Atemübungen und die unschätzbare Währung Gemeinschaft. „In 95 Prozent der Fälle passt die Chemie“, freut sich die stellvertretende Vorsitzende Petra Broszeit.

„Immer mittendrin“ heißt das Motto des Hauses, und das darf man am Gänsemarkt wörtlich nehmen. Jeder Zuschauer ist ganz nah dran am Spielgeschehen. „Das Haus ist so klein, dass wir uns nicht verstecken können“, sagt Scheuer, das erfordere oft große Disziplin. Ein Gesetz heißt, den Gästen trotz räumlicher Enge und fehlender Garderobe nicht im Kostüm zu begegnen. Hinterher freilich trifft man sich gern auf ein Glas. Das Besucheralter bewegt sich „ab 45 aufwärts“, darunter viele Stammgäste. „Als der Verein das Theater übernahmen, lag die Auslastung bei 25 Prozent. Heute schaffen wir 80“, wagt Scheuer mit Stolz. Natürlich muss man auch auf Erfolg inszenieren. Komödien und Krimis stehen bevorzugt auf dem Programm, „aber wir haben auch festgestellt, dass wir dem Publikum was zumuten dürfen“, sagt Broszeit. Einen echten Flop hat es nicht gegeben. Das Bauchgefühl stimmt, findet Scheuer. Und freut sich schon auf die nächste Premiere. Ayckbourns „Falsche Schlange“ soll das Publikum ab April fesseln.

Sonderaktionen

Theaterarbeit für und mit Kindern und Jugendlichen wird im Kleinen Theater groß geschrieben. Zunächst gab es Märchenvorstellungen in der Gruga. Inzwischen gibt es ein eigenes Kinder-Ensemble am Haus. Das Stück „Der kleine Teufel Eberhard“ wird am 21. Februar in Kooperation mit der Kulturloge für Familien mit geringem Einkommen kostenlos gezeigt.

Schon mal vormerken: Am 27. März ist „Welttheatertag“: Tickets gibt’s am Gänsemarkt dann für 10 Euro. Und noch ein Oster-Extra: Wer am 4. April ein gefärbtes Ei mitbringt, bekomme 20 % Ticket-Rabatt. Selbige Ermäßigung gilt auch im gesamten Juni: Sommer-Rabatt.