Essen. . Alphabetisierungs-Kurse für Kinder und Jugendliche ohne Deutschkenntnisse geplant. Nach Debatte: Neuer VHS-Direktor Michael Imberg ist Amt angetreten

Michael Imberg als neuer Direktor der Volkshochschule (VHS) – selten hat eine Personalie lange vor der Ernennung so viele öffentliche Kontroversen ausgelöst wie diese. „Ich hab’ mich darüber nur gewundert“, sagt Imberg, der vor etwas mehr als einer Woche seinen Dienst offiziell angetreten hat.

Wenn man länger mit ihm spricht, dann lässt der 56-Jährige jedoch irgendwann durchblicken, dass ihn die hart geführte Debatte um seine Person auch verletzt hat. Beleidigende Begriffe wie „Nullnummer“, die im politischen Raum durch die Luft flogen wie scharfe Messer, haben ihm zwischenzeitlich wohl durchaus zugesetzt. „Vor allem eine Kulturausschusssitzung“, sagt Imberg, „werde ich nicht vergessen.“

25 Gegenstimmung bei der Abstimmung im Rat

Man hatte öffentlich seine Qualifikation in Frage gestellt - Imberg, der zur Andreasschule in Rüttenscheid ging, die damals noch eine Volksschule war, hat einen Hauptschulabschluss und später, auf dem zweiten Bildungsweg, alle formalen Abschlüsse erworben, die ihn zu einer städtischen Verwaltungs-Laufbahn berechtigten; heute sind das Bildungsgänge, die ein Fachhochschulstudium enthalten.

Doch was Imberg eben nicht hat: eine lupenrein akademische Laufbahn, auch keinen Doktortitel, und es gab einige, die lautstark befürchteten, dass mit Imberg ein Apparatschik in die VHS einzieht, ferngesteuert vom Büro des Oberbürgermeisters, wo Imberg lange wirkte, auch schon zu Zeiten Wolfgang Reinigers. Dass einer kommt, der vor allem sparen wird und den Weiterbildungsbegriff allzu eng auslegt. Der keine Weltgewandtheit repräsentiert, sondern das Denken in Effizienz und lediglich Synergieeffekte aufzuspüren vermag. Ihm blies der Wind bis zuletzt kalt ins Gesicht, kassierte 25 Gegenstimmung bei der Abstimmung im Rat, als es um seine Ernennung ging.

Imberg achtet jeden Tag auf Gesten

Und jetzt? „Begegnet man mir total offen“, sagt Imberg erfreut. Er hat eine Mitarbeiterin raunen gehört, dass er, Imberg, ja doch gar keinen Hausmeisterkittel trage, wie man befürchtet hatte. Imberg achtet jeden Tag auf Gesten: Mitarbeitergespräche zum Amtsantritt führt er in den Büros der Mitarbeiter, lässt also nicht kommen, sondern kommt selbst. Deutlich scheint durch, dass Imberg Spaß hat an seiner neuen Aufgabe; die zwischenzeitlich aufgeloderten Debatten über seine Bezahlung wischt er beiseite: „Ich verdiene jetzt genau 85 Euro mehr brutto im Monat. Dafür macht man das nicht.“

Wofür dann? „Für die bildungspolitischen Sorgenkinder in der Stadt“, sagt Imberg und wird ernst. An der VHS kann man auch seinen Schulabschluss nachholen, „wenn man einmal bei der feierlichen Zeugnisverleihung dabei gewesen ist und den Stolz der Kandidaten sieht, die endlich ein Ziel erreicht haben, dann weiß man, wofür sich die ganze Arbeit lohnt.“

Eine „humanitäre Verpflichtung“

Imberg will das Angebot der VHS stärker als bisher an denen ausrichten, die ohne ein Wort Deutsch in unsere Stadt kommen: „Wir müssen in die Flüchtlingsheime, wir müssen in die Schulen.“ Stichwort: Alphabetisierung. Die Arbeit mit diesen Kindern und Jugendlichen will Imberg künftig in den Blick nehmen, „erste Gespräche in diese Richtung sind schon positiv verlaufen.“ Er hält das für eine „humanitäre Verpflichtung“, spricht aber auch von „nachgelagerten Sozialkosten“, die man sich spart, wenn man jene frühzeitig in den Blick nimmt, die sonst durchs Raster zu fallen drohen, womöglich radikal werden in welche Richtung auch immer. Kurse für Analphabeten bietet die VHS bislang hauptsächlich für Erwachsene an.

Ansonsten definiert sich Imberg durchaus als der Chef-Organisator im Haus; „die pädagogischen Mitarbeiter sollen von organisatorischen Aufgaben weitgehend befreit werden.“ Auch die vor Jahren geführte, interne Debatte, ob die VHS einen Mitarbeiter benötigt, der sich ausschließlich um die Einwerbung von Drittmitteln kümmert, hält Imberg für erledigt: „Dafür bin ich zuständig. Ich behaupte, dass ich auch das entsprechende Netzwerk mitbringe.“

Dass dabei die Qualität nicht leiden soll, ist für Imberg ausgemachte Sache: „Wir bieten Feinkost. Die VHS stand in der Vergangenheit für einen Qualitätsanspruch, der auch in Zukunft gilt. Darauf hat die Stadt einen Anspruch.“