Essen. . In den vergangenen 15 Jahren hat sich die Zahl mehr als halbiert, weil kaum noch neue Sozialwohnungen gebaut werden. Mietervereine sehen die Stadt in der Pflicht.
Der soziale Wohnungsbau ist in Essen fast zum Erliegen gekommen. Jedes Jahr verschwinden deutlich mehr Sozialwohnungen vom Markt als hinzukommen. Noch ist Essen zwar von Wohnungsnöten wie beispielsweise in Düsseldorf oder Köln weit entfernt. Doch auf lange Sicht müsse die Stadt dafür sorgen, dass Wohnen für Geringverdiener in Essen bezahlbar bleibe, fordern Mietervereine. Momentan steckt die Stadt mitten in der Stadtentwicklung für die nächsten 20 Jahre und sichtet potenzielle Wohnbauflächen. „Das ist die Chance, Investoren politisch in die Pflicht zu nehmen“, meint Siw Mammitzsch, Vorsitzende der Mietergemeinschaft.
In den vergangenen 15 Jahren hat sich die Zahl der Sozialwohnungen mehr als halbiert. Im Schnitt kommen pro Jahr 120 Sozialwohnungen neu auf den Markt. Doch gleichzeitig fielen Ende 2014 450 Wohnungen aus der sozialen Bindung, Ende dieses Jahres werden es sogar 900 sein, so dass Essen dann erstmals weniger als 20.000 Sozialwohnungen haben wird. Im Jahr 2000 gab es in der Stadt noch 47.000 Wohnungen mit Sozialbindung. Geht die Entwicklung so weiter, dann werden es 2050 nur noch 7700 sein.
Mieten steigen, sobald die Bindung ausläuft
„Ich kann mich an Zeiten erinnern, da hatten wir über 100.000 Sozialwohnungen“, sagt Ellen Rohrberg vom städtischen Einwohneramt, das Wohnberechtigungsscheine ausstellt. Jährlich gibt das Amt rund 2500 solcher Scheine an Bedürftige aus, die zum Anmieten berechtigen. Den tatsächlichen Bedarf kann die Stadt nicht decken. Nur etwa 1700 Berechtigte finden im Jahr eine passende Sozialwohnung. Bei manchen Wohnbaugesellschaften gebe es Wartelisten.
Welche Folgen es für Mieter hat, wenn ihre Wohnung aus der sozialen Bindung herausfällt, zeigte sich zuletzt in der Siedlung Nienhuser Busch in Katernberg. Dort betraf dies 119 Wohnungen. Der Eigentümer Deutsche Annington hob daraufhin die Miete prompt zum Jahresanfang an; auf durchschnittlich 5,37 Euro. Für die betroffenen Haushalte bedeutet das 40 bis 90 Euro Miete im Monat mehr. Viel Geld für Menschen mit geringem Einkommen.
Mietergemeinschaft kritisiert Allbau
Der Neubau von Sozialwohnungen ist für die Wohnungsunternehmen im Moment wegen der günstigen Immobilienkredite nicht lukrativ. Zwar bekommen sie auch vom Land Kredite für null Prozent Zinsen und sogar noch Tilgungsteilbeträge erlassen. Dennoch ist die Rendite am Ende höher, wenn sie in höherpreisigen Wohnraum investieren, denn dort ist die Nachfrage auch in Essen groß. Die Mietergemeinschaft befürchtet daher, dass die Mieten in Essen langfristig steigen werden, bezahlbarer Wohnraum dagegen knapper wird.
Die Stadt kann private Investoren zum Sozialwohnungsbau höchstens beim Verkauf eigener Flächen verpflichten. Deshalb fordert die Mietergemeinschaft den städtischen Allbau mehr in die Pflicht zunehmen. Sie kritisiert, dass der Allbau derzeit aber vor allem im „Luxussegment oberhalb von 7,50 Euro Miete“ investiere.