Essen. Gastronomen lehnen ein Bewertungsportal wie in Duisburg und Bielefeld ab. Sie befürchten, zu Unrecht an den öffentlichen Pranger gestellt zu werden.
Alarmstufe Rot für Schmuddel-Restaurants. Das NRW-Verbraucherschutzministerium und die Verbraucherzentrale wollen ihre Hygieneampel für Gastronomiebetriebe nach erfolgreichen Tests in Duisburg und Bielefeld auf weitere Städte ausdehnen. Über die App „Appetitlich“ sowie im Internet können sich die Verbraucher dort seit einem Jahr über die jeweiligen Betriebe informieren. Steht die Ampel auf Grün, ist in dem Restaurant bei Kontrollen alles okay gewesen, geht das Barometer in den roten Bereich, bedeutet dies „Anforderungen teilweise“ oder „nicht erfüllt“. Bewertet werden u.a. Hygiene, unsachgemäßer Umgang mit Lebensmitteln oder mangelhafte Informationen zu Zusatzstoffen auf der Speisekarte.
Mit 25.000 Downloads der App und 280.000 Einzelbetriebsabfragen auf der Internetseite ist der Pilotversuch aus Sicht des Ministeriums bisher erfolgreich verlaufen. Doch Essener Gastronomen sehen den Vorstoß des Ministeriums eher kritisch. Kontrolle müsse sein, doch das öffentliche Ampel-Prinzip könnte manch ein Restaurant – womöglich unberechtigt – an den Pranger stellen, so die Kreisvorsitzende des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbandes (Dehoga), Christiane Behnke. Hinzu komme, dass Verbraucher nicht genau über den Prüfungsumfang informiert würden. Denn was letztendlich zu einer schlechten oder mittelmäßigen Bewertung führt, das gehe aus dem Barometer nicht hervor.
Nichts gegen eine öffentliche Kennzeichnung
„Da kann bereits eine defekte Fliese in der Küche die Bewertung negativ beeinträchtigen“, kritisiert auch Frank Schikfelder. Grundsätzlich hat der Rüttenscheider Gastronom (Kokille, Meat) nichts gegen eine öffentliche Kennzeichnung. Wenn ein Restaurant aber Hygienevorgaben strikt einhält und die kaputte Fliese dann zum Punktabzug führt, sei das doch ungerechtfertigt. „Und Restaurants, die dann nicht mit Grün ausgezeichnet werden, können eigentlich direkt zu machen“, so Schikfelder.
Matthias Knutzen, Inhaber des Restaurants „Zur Kluse“, hält ebenfalls nichts von der Ampel: „Im Vergleich zu anderen Branchen wird in der Gastronomie schon genug kontrolliert“. Schwarzen Schafen müsse das Handwerk gelegt werden, aber für Gastronomen, die gewissenhaft arbeiten, grenze es mittlerweile schon an Diskriminierung. Auch Robert Meems vom Jagdhaus Schellenberg findet, dass die regelmäßigen Visiten von Ordnungs- oder Gesundheitsamt ausreichen sollten. „Diese Kontrollen sind überaus gründlich; darauf müssten sich die Verbraucher verlassen können.“
Dem Kontrollbarometer positiv gegenüber steht Berthold Bühler vom Restaurant Résidence: „Für den Gast kann ein solches Bewertungsprinzip ein hilfreicher Wegweiser sein und für sauber-arbeitende Betriebe wiederum eine Auszeichnung“, so der Sternekoch.