Essen. Die Stadt Essen will den Suchtkranken, die am Willy-Brandt-Platz Probleme bereiten, einen alternativen Treffpunkt mit Sitzbänken und Urinal anbieten.

Das jahrelange erfolglose Hin und Her um einen angemessenen Umgang mit der Trinkerszene in der Innenstadt war bislang mehr als ernüchternd. Für alle Beteiligten. Weder Platzverweise durch Ordnungskräfte noch Ansprachen durch Sozialarbeiter konnten etwas daran ändern, dass den Anrainern des Willy-Brandt-Platzes das Problem bis heute ziemlich stinkt.

Doch wer die Nase ganz nah dran hat, wittert eine neue Entwicklung, die schon bald in eine Dauerlösung münden könnte – wenn die Mehrheit der Politik ihrerseits denn mitspielt, wonach es zur Zeit durchaus aussieht.

Die Polizei ist mit im Boot

Nach dem kontroversen und wenig zielführenden Abwatschen der vergangenen Tage um das Für und Wider eines wie auch immer gearteten Klos vor dem denkmalgeschützten Handelshof plant die Stadt nach NRZ-Informationen nun etwas ganz Neues: einen finalen Umzug der Suchtkranken an die Hachestraße. In Höhe eines schräg hinter der Hauptpost gepachteten öffentlichen Parkplatzes und damit abseits des zentralen Eingangstors zur Essener Innenstadt soll ein neuer Treffpunkt entstehen – möglichst mit Sitzgelegenheiten und einem unkaputtbaren Pissoir, dass das Urinieren gegen Mauern und Schaufenster überflüssig machen soll.

Es hat sich inzwischen offenbar die nicht ganz neue Erkenntnis durchgesetzt, dass der, der Erfolg gegen unliebsame Szenetreffs an bestimmten Orten haben will, den Betroffenen explizit sagen können muss, wohin sie gehen sollen. Das gilt für Junkies, Prostituierte und die Trinkerszene am Willy-Brandt-Platz gleichermaßen.

Koordiniertes Vorgehen

Dabei sind die guten Vorbilder so landläufig bekannt wie hausgemacht: Nur durch ein gemeinsam koordiniertes Vorgehen von Helfern und Behörden hat die Auflösung der Drogenszene am Hauptbahnhof funktionieren können, aber auch bei der Verlagerung des Straßenstrichs von der Pferdebahn auf den ehemaligen Kirmesplatz an der Gladbecker Straße war der Mix aus Repression und unterstützenden Angeboten letztlich das Erfolgsrezept.

Es gibt deutliche Indizien dafür, dass die Ordnungsverwaltung dieses Verfahren so schnell wie möglich auch am Willy-Brandt-Platz umgesetzt sehen möchte. Hinter den Kulissen wird kräftig um Unterstützung gebuhlt. Offenbar ist die Polizei bereits mit im Boot. In ersten Gesprächen mit Stadtvertretern soll die Polizeipräsidentin die Unterstützung ihrer Behörde und Beamten zugesagt haben – wenn auch unter einer Vorbedingung: Das Ganze darf nicht erneut wie im vergangenen Sommer abermals ins Leere laufen.

Fehler der Vergangenheit vermeiden

Noch in der Amtszeit von Stephania Fischer-Weinsziehr, also bis Ende März, soll das Vorhaben Richtung Hachestraße über die Bühne gehen. Und das nach bewährtem Strickmuster: Sozialarbeiter werden auf die Suchtkranken zugehen und ihnen mit etwa 14 Tagen Vorlauf einen Stichtag mitteilen, ab dem sie auf dem Willy-Brandt-Platz unter Dauerbeobachtung und permanentem Druck der Ordnungsbehörden stehen, sollten sie das neue Angebot nicht annehmen. Bereits am Montag ist ein Ortstermin für politische Vertreter geplant, zwei Tage später steht das Thema auf der Tagesordnung des Ausschusses für Öffentliche Ordnung.

Die Beteiligten sind jedenfalls gut beraten, einen entscheidenden Fehler des vergangenen Sommers nicht zu wiederholen: Als Ordnungskräfte nach zunächst massivem Einschreiten mangels Personal in ihrem Bemühen nachließen, die Szene zu verdrängen, kehrten die Suchtkranken nach kurzer Zeit an ihren angestammten Platz zurück. Die für die Betroffenen „hohe Attraktivität“ des Standorts in der Nähe zu billigem Discounter-Bier und Drogen im Umfeld des Hauptbahnhofs wurde offenbar unterschätzt, während ein alternativer Treffpunkt Fehlanzeige war. Die anfangs hohe Erwartungshaltung, die Geschäftsleute und Hoteliers im Umfeld des Willy-Brandt-Platzes mit dem lange geforderten Durchgreifen verbanden, wurde umso mehr enttäuscht, während auf der Behörden-Seite die Einsicht reifte: Nur mit repressiven Mitteln allein ist dem Phänomen einfach nicht beizukommen.

Inzwischen scheint allen Verantwortlichen klar zu sein: Der nächste Versuch muss sitzen.