Essen. . Mathematik in der Schule soll praxisbezogener werden. Lehramts-Studenten der Universität Duisburg-Essen gehen dabei neue Wege – mit Pommes Frites.
Schülerin Aysu aus der 8b hat eine Textaufgabe vor sich – und zwei Teller stehen auf dem Tisch, auf dem einen zwei rohe Kartoffeln, auf dem anderen kalte Pommes Frites. Mit einem Filzstift schreibt Aysu, die aufs Unesco-Gymnasium geht, eine „70“ auf einen großen Bogen Papier, und darunter: „31.500“.
Willkommen in der Zukunft der Mathematik. Wir sind an der Uni Duisburg-Essen, wo an diesem Donnerstag rund 30 Schüler des Unesco-Aufbaugymnasiums zum Rechnen eingeladen worden sind – von Lehramts-Studenten der Uni, die die Schüler sozusagen als Versuchskaninchen benutzen dürfen – davon haben alle was. Denn es geht um neue Aufgaben, die künftig Anwendung finden sollen im Mathe-Unterricht: weniger theoretisch. Mehr praxisbezogen. Mehr aus dem Leben der Schüler.
Mathematisches Modellieren üben
„In der Mensa deiner Schule gibt es heute Pommes“, heißt die Aufgabe, die Aysu mit anderen Schülern gemeinsam lösen soll. Eine Frage lautet: Wie viele einzelne Pommes werden benötigt?
„Wir üben hier mathematisches Modellieren“, erklärt Daniel Thurm, wissenschaftlicher Mitarbeiter der Uni. „Wir entwickeln Aufgaben, die möglichst praxisbezogen sind und eine hohe Eigenständigkeit der Schüler fordern.“ Das heißt: Die Pommes-Aufgabe hat nicht die eine, richtige Lösung – aber: Wie man zu einer Lösung kommt, das müssen die Schüler selbst überlegen. Und das Ergebnis muss am Ende plausibel erscheinen. Solche Aufgaben, sagt Thurm, eignen sich sehr für eine heterogene Lerngruppe – also für Schulklassen wie die Unesco-Aufbaugymnasiums. Die Schule hat sich auf Seiteneinsteiger, die oft aus Kriegs- und Krisengebieten kommen, spezialisiert. Zur Unesco-Schule gehen Schüler aus etwa 40 Nationen.
Und so schätzt Aysu, dass man 70 einzelne Fritten für eine Portion benötigt, und wenn man voraussetzt, dass 450 Schüler je eine Portion Pommes zum Mittagessen verdrücken, dann kommen am Ende 31 500 einzelne Pommes dabei heraus. Macht diese Art des Rechnens Spaß? „Ja“, sagt Aysu und lacht.
Warum Uni und Unesco-Schule kooperieren
Die Lehramts-Studenten, die mit Schülern des Unesco-Gymnasiums neue Aufgaben-Typen ausprobiert haben, sind die ersten ihrer Art, die nach erfolgreich absolviertem Bachelor den „Master of Education“ anstreben. Die Lehramts-Studiengänge an der Uni Duisburg-Essen gehörten zu den letzten Studiengängen, die aufs heute übliche Bachelor-/Master-System umgestellt wurden. „Das Studium ist praxisbezogener, die konkrete Übung von neuen Aufgabentypen mit Schülern gehört zum Lehrplan“, erklärt Daniel Thurm von der Uni Duisburg-Essen.
Die Unesco-Schule bot sich aus Uni-Sicht besonders für diese Kooperation an wegen der Heterogenität der Schülerschaft. Das gemeinsame Ausprobieren neuer Aufgaben soll künftig regelmäßig stattfinden. Nach dem gemeinsamen Lernen schauten sich die Schüler noch in den neuen Fakultäts-Räumen der Mathematik an der Altendorfer Straße um und besichtigten das Hörsaalzentrum.