Essen. . Ein sofortiger Ausstieg käme die Stadt derzeit extrem teuer. Kämmerer Klieve übt Selbstkritik und spricht von der schwärzesten Stunde seiner Amtszeit. SPD und CDU warnen aber vor Panikmache.

Trotz der dramatischen Verluste in Millionenhöhe hält die Stadt Essen vorerst an ihren Krediten in Schweizer Franken fest. Eine erste Marge über 60 Millionen Franken, deren Bindung Mitte Februar ausläuft, soll fristgerecht verlängert werden. Dafür sprach sich am Dienstag der Finanzausschuss des Stadtrates aus.

Für die CDU-Fraktion riet Ratsherr Jörg Uhlenbruch ausdrücklich von „Panikmache“ ab. Auch die SPD sieht laut Fraktionschef Rainer Marschan keinen Anlass für eine Adhoc-Entscheidung. Ob die Stadt an ihrer Strategie auch mittel- oder gar langfristig festhalten wird, steht jedoch in den Sternen. In der Märzsitzung will der Finanzausschuss dazu eine Grundsatzentscheidung treffen. Bis dahin soll Stadtkämmerer Lars Martin Klieve denkbare Szenarien durchrechnen.

Sofortiger Ausstieg käme die Stadt Essen teuer zu stehen

Fest steht: Ein sofortiger Ausstieg aus der eidgenössischen Währung käme die Stadt, die Kredite über 450 Millionen Franken hält, teuer zu stehen. Stand gestern müsste der Kämmerer aufgrund des Wechselkursverlustes rund 65 Millionen Euro Miese verbuchen. Denn durch die Freigabe des Wechselkurses hat der Euro im Verhältnis zum Schweizer Franken dramatisch an Wert verloren.

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Am Montagabend sprach Klieve im ZDF mit blasser Nasenspitze von der schwärzesten Stunde seiner Amtszeit. Auch am Dienstag, im Kreise der Finanzpolitiker des Stadtrates, zeigte sich der Kämmerer, dem sonst ironische Spitzen nicht fremd sind, ungewohnt kleinlaut. Klieve war davon ausgegangen, dass die Schweizer Nationalbank den Euro bei einem Kurs von 1,20 stützen würde. Aktuell bewegt sich das Währungsverhältnis bei etwa 1:1. Ob sich der Euro alsbald wieder erholen werde? Klieve beließ es bei folgender Äußerung: „Nachdem meine letzte Prognose so grandios gescheitert ist, bin ich vorsichtig geworden.“

Kritiker sehen sich nun bestätigt

Die Märkte zeigen sich skeptisch. Ein Indiz: Wollte die Stadt den aktuellen Wechselkurs für ein Jahr absichern, um sich vor einem weiteren Wertverfall des Euro zu schützen, würde sie das 35 Millionen Euro kosten. Vor dem „schwarzen Donnerstag“, an dem die Schweiz zur Überraschung der Finanzwelt den Wechselkurs freigab, hätte die Stadt für die gleiche Risikoabsicherung acht Millionen Euro zahlen müssen.

Kritiker, wie die Linke, die vor der Kreditaufnahme in Franken gewarnt hatten, sehen sich nun bestätigt. Die Spekulation sei gründlich „in die Hose gegangen“, so Fraktionssprecherin Gabriele Giesecke. Wie geht es weiter? Klieve hat bei den Nachbarstädten Bochum und Gelsenkirchen vorgefühlt, die ebenfalls Kredite in Franken halten, und auch bei der Bezirksregierung. Eine Antwort steht noch aus.