Essen. 2014 kamen 250.273 Besucher ins Museum Folkwang: Direktor Tobia Bezzola sieht sein Konzept bestätigt und wünscht sich für die Zukunft mehr Handlungsfähigkeit.

Mit über 250.000 Besuchern hat das Museum Folkwang 2014 eines der besten Ergebnisse der vergangen Jahre eingefahren. Museums-Direktor Tobia Bezzola, seit 2012 im Amt, zog im Gespräch mit Martina Schürmann, eine hochzufriedene Bilanz.

Herr Bezzola, 2014 war für das Museum Folkwang ein bewegtes Jahr zwischen der spektakulären Absage der Balthus-Ausstellung, dem medienwirksamen Auftritt von Modezar Karl Lagerfeld und der großen „Inspiration Japan“-Schau. Ihre persönliche Bilanz?

Tobia Bezzola: 2014 war für das Museum Folkwang mit 250.273 Besuchern das beste Jahr seit der Eröffnung im Kulturhauptstadtjahr 2010. Dieses tolle Ergebnis addiert sich durch die Vielzahl der Angebote, allein zu den über 4000 Veranstaltungen kamen 63.000 Besucher. Das bestätigt unseren Kurs: Wir verstehen uns nicht als Festivalhaus, das alle paar Jahre ein Großereignis anbietet, sondern wollen kontinuierliche Angebote machen.

Wird es solche Großprojekte wie „Inspiration Japan“ auch in Zukunft geben?

Auch interessant

Bezzola: Die entscheidende Frage wird künftig doch lauten: Ist das inhaltlich noch relevant und lohnend und hat das Thema Potenzial für großen Publikumszuspruch? Einfach Dali aufs Plakat zu setzen und alles zu zeigen, was man an Leihgaben bekommen kann, das ist kunsthistorisch wenig lohnenswert. Vielleicht werden solche Ausstellungen in Zukunft aufgrund der exorbitant steigenden Kosten auch einfach etwas kleiner, wir sind ja immer noch sehr groß in der Fläche und in der Anzahl von Exponaten. Aber wir sind auf jeden Fall dabei, neue Projekte zu entwickeln. Und es geht vermehrt um Kooperationen: Unsere „Japan“-Schau geht im Februar nach Zürich, was auch wirtschaftlich ein guter Ansatz ist.

Planen Sie Projekte weiterhin in Partnerschaft mit Sponsor Eon?

Bezzola: Wir sind zuversichtlich, dass Eon weiterhin ein Partner des Museum Folkwang sein wird, in welcher Form auch immer. RWE ist einer der Hauptsponsoren in 2015, und wir sind sehr gut im Gespräch mit vielen anderen Partnern. Wir haben die Akquise von Drittmitteln sehr deutlich steigern können.

Die Japan-Schau ist gleichwohl etwas schleppend angelaufen und wird die Rekordzahlen der Vorjahre nicht erreichen. Sorgt Sie das?

Bezzola: Momentan kommen jeden Tag zwischen 2000 und 3000 Besucher, auch in den Anfangswochen waren es täglich um die 1400 Besucher. Aber die Perspektive ist natürlich geprägt durch das enorm erfolgreiche Eröffnungsjahr 2010, diese Zahlen wird man nie mehr erreichen. Das hat auch mit der Angebotssituation in der Umgebung zu tun, die sich seit den 1980ern stark verändert hat. Damals war das Museum Folkwang eines der ersten Häuser, das solche Kunstereignisse geboten hat. Wenn wir heute „Inspiration Japan“ zeigen, dann hat Wuppertal zeitgleich auch eine große Ausstellung, ebenso wie Köln und Düsseldorf.

Sie haben sich im Vorjahr als Reaktion auf die Haushaltssperre sehr besorgt über die Zukunft des Hauses gezeigt. Wie ist die derzeitige Finanzsituation?

Bezzola: Wir bekommen die Mittel, um arbeiten zu können. Aber es bleibt eine schwierige Situation, rein formal, weil es lange dauert, bis jede Maßnahme genehmigt und freigeschaltet ist. Wir werden uns mittelfristig noch einmal Gedanken machen müssen über die Betriebsform des Hauses, denn dieses Museum könnte mehr blühen, wenn ihm mehr Handlungsfähigkeit gewährt würde. Es ist schon schwierig, ein Museum dieser Größenordnung und Dynamik als städtische Verwaltungsabteilung zu führen.

Zuletzt gab es Diskussionen darüber, welche Veranstalter unter dem Folkwang-Dach Platz finden können. Die Absage der Reihe „Literatur im Folkwang“ hat für großen Wirbel gesorgt.

Auch interessant

Bezzola: Nichts Negatives gegen die Veranstalter, aber man darf auch nicht beharren. Auch das gehört eben zur Dynamik eines Museums, dass man eine Literatur-Reihe nicht beginnt, um sie dann auf immer fortzuführen. Für die Veranstalter scheint sich ja eine gute Lösung gefunden zu haben.

Und die Mittel der Alfred und Cläre Pott-Stiftung stehen in Zukunft wieder für Neuerwerbungen zur Verfügung?

Bezzola: Es geht in diese Richtung. Denn die Neuanschaffungen machen mir Sorgen. Bei Grafik, Fotografie, Plakat und ganz junger Malerei, da können wir noch etwas ausrichten. Aber man möchte und muss doch auch gewisse Bestände ergänzen. Da stoßen wir rasch an unsere Grenzen, wenn es über fünfstellige Beträge geht.

Sind Sie nach zwei Jahren in Essen angekommen?

Bezzola: Der Charme ist schon etwas rau, gerade im Winter. Es kompensiert sich durch die gewisse Größe und Vielfalt der Stadt und ich bin fasziniert von der Vielseitigkeit des gesamten Ruhgebiets. Ich lerne Schritt für Schritt. Und wir haben inzwischen einen tollen Teamgeist, sonst ließe sich das gar nicht stemmen. Allein die 3000 Quadratmeter Wechselausstellung immer wieder neu zu bespielen, das kostet enormen Aufwand. Denken Sie nur an die Handwerker, die die große Halle permanent umgestalten müssen, die haben auch mal an den Wochenenden gearbeitet und Urlaube verschoben. Damit beginnt es.