Essen. . Mitarbeiter von Feuerwehr und Polizei werden regelmäßig beleidigt, bedroht und manchmal sogar attackiert. Zeugen müssten diese Angriffe zur Anzeige bringen, fordert Ordnungsdezernent Christian Kromberg.

In der Silvesternacht wurden erneut Böller auf Fahrzeuge der Feuerwehr geworfen. Derartige Angriffe seien leider kein Einzelfall, berichtet Feuerwehr-Chef Ulrich Bogdahn. Mitarbeiter von Feuerwehr, Rettungsdienst und Polizei würden regelmäßig beleidigt, bei ihrer Arbeit behindert und manchmal auch attackiert. Ordnungsdezernent Christian Kromberg bestätigt diese Entwicklung. Der Politiker hatte bereits vor dem Jahreswechsel klargemacht, was er von solchen Übergriffen hält. Nun legt der Beigeordnete nach und fordert drakonische Strafen. „Wenn die Täter erwischt werden, erwarte ich von der Justiz abschreckende Urteile“, sagt Kromberg.

Seiner Meinung nach seien aber in erster Linie die Bürger der Stadt gefordert. „Wir sind darauf angewiesen, dass die Bevölkerung den Mut hat, diese Leute anzuzeigen. Ich erwarte das von den Bürgern“, fordert Kromberg und ergänzt: „Wir haben es hier mit einem gesellschaftlichen Problem zu tun, das nicht allein durch Strafen geregelt werden kann.“ Einigen Personen mangele es schlicht weg an Respekt gegenüber Helfern im Einsatz. „Ich spreche bewusst nicht von Beamten und Angestellten, sondern von Menschen“, so Kromberg. „Bei den Angriffen geht es ja nicht nur um Feuerwehr und Polizei, sondern auch um die Menschen, zu deren Hilfe meine Leute ausrücken.“

Mangelnder Respekt

Feuerwehr-Chef Ulrich Bogdahn schätzt, dass seine Mitarbeiter im vergangenen Jahr bis zu zehn Mal im Dienst angegriffen wurden. In ein oder zwei Fällen wurden auch Anzeigen geschrieben. Die Feuerwehr versuche in solchen Situationen immer zu deeskalieren, betont der Leitende Branddirektor. Man wolle auf keinen Fall mit Pfefferspray oder anderen Gegenständen aufrüsten. Allerdings hat Bogdahn eine klare Anordnung an seine Mitarbeiter ausgegeben: „Wenn die eigene Sicherheit bedroht ist, ziehen wir uns zurück und brechen den Einsatz ab.“ Danach müsste erst auf die Unterstützung der Polizei gewartet werden.

Die Böller-Attacken sind seiner Meinung nach nicht zu erklären. Andere Städte hätten die gleichen Probleme, ein Patentrezept habe jedoch keiner. Denn die Tätergruppe könnte man in der Regel nicht über gut gemeinte Appelle erreichen. „Da spielen natürlich Alkohol und Drogen eine Rolle“, betont Bogdahn. „Als Rettungsdienst kommen wir in ganz intime Bereiche von Familien, für viele Angehörige ist das eine besondere Stresssituation. Darum lernen meine Mitarbeiter, die Ruhe zu bewahren. Bei vielen tritt aber auch ein Gewöhnungseffekt ein, was in solchen Fällen hilfreich sein kann.“

Nur noch mit Vollschutz unterwegs

Der oberste Feuerwehrmann sagt, es müsse immer geprüft werden, ob die Übergriffe gewollt seien oder im Zusammenhang mit einer Erkrankung stehen. „Fest steht, dass die Beleidigungen mehr geworden sind. Das hat es früher so nicht gegeben. Einige Menschen verstehen nicht, dass wir helfen wollen.“ Ulrich Bogdahn berichtet von Einsätzen, in denen Angehörige nicht nachvollziehen konnten, warum ihr Kind nicht unverzüglich ins Krankenhaus gefahren wurde. Dabei sei es in diesen Fällen nötig gewesen, zunächst die Transportfähigkeit herzustellen. „Manche Nationalitäten reagieren in solchen Momenten sehr emotional. Es kommt auch vor, dass sich die Leute hinterher bei uns entschuldigen.“

Dezernent Kromberg hofft, genau hier ansetzen zu können. Der gelernte Jurist wünscht sich, dass „alle Institutionen, die auf einen Menschen einwirken können“, mithelfen, die Unversehrtheit der Bürger wieder stärker in der Gesellschaft zu verankern. „Ich bin so erzogen worden und ich erziehe auch meinen Sohn so, dass man Respekt vor anderen Menschen hat. Der Prozess muss also im Elternhaus beginnen.“

Gleichzeitig will Kromberg über weitere Schutzmaßnahmen für die Einsatzkräfte nachdenken. Notfalls müssten die Beamten permanent einen Vollschutz tragen und den Wagen nur noch mit heruntergeklapptem Visier verlassen. „Letztendlich ist das aber nur passiver Schutz. Der Einsatz hat bei uns immer Vorrang, wir sind ja die, die retten sollen“, erklärt Kromberg. Konkret bedeutet das, dass die Helfer keine Zeit haben, um Täter zu verfolgen oder sich etwa mit den Böller-Werfern auseinander zu setzen. Dafür habe man weder die Ausrüstung noch den gesetzlichen Auftrag. „Das ist Aufgabe der Polizei“, betont Feuerwehr-Chef Ulrich Bogdahn. Allerdings sei die häufig noch viel schlimmer dran, erklärt Dezernent Christian Kromberg.