Essen. Wer reist, erlebt viel. Wer Reisende beherbergt, auch. Denn die lassen gerne mal was liegen. Das Sheraton Hotel in Essen hat sein Lager geöffnet.
Im Keller des Sheratons, vorbei am Wellness-Bereich, hinter einer feuerfesten Stahltür, liegt das Lager der vergessenen Schätze. Kisten mit den Monaten beschriftet, von Januar bis Dezember sortiert und gefüllt mit bis zu 70 Fundstücken – dort findet sich alles, was die Gäste vergessen haben.
Michael Heinrich vom Housekeeping-Team weiß: „Am häufigsten bleiben Alltagsgegenstände liegen. Zahnbürsten und Ladekabel führen die Spitze an.“ Aber auch Wertgegenstände verlassen manchmal unbemerkt die Koffer der Gäste und finden so schnell nicht wieder zurück.
Gäste werden nicht aktiv kontaktiert
„Schmuck ist wohl das Wertvollste, das vergessen wird“, sagt Heinrich und überlegt. „Vor einigen Wochen haben wir zum Beispiel in der Tasche eines Bademantels noch einen Ring gefunden.“
Ob die Fundstücke wieder zu ihren Besitzern zurückfinden, liegt allerdings nicht am Hotel. „Aus Diskretion dürfen wir die Gäste nicht aktiv kontaktieren“, erklärt Heinrich die Prinzipien. „Nur bei Stammgästen halten wir die Sachen schon bereit, wenn sie in der nächsten Woche wiederkommen.“
Zu den Prinzipien gehöre auch, dass Sachen, die nicht sofort wieder abgeholt werden, einen Platz in einer Kiste des Lagerraums finden.
Verkaufserlös geht an Unicef
„Die meisten Stücke heben wir sechs Monate lang auf“, erklärt Roland Ohlberger, General Manager des Sheraton Hotels. „Wertgegenstände auch für ein ganzes Jahr.“ Auch ein guter Whiskey oder ein teurer Wein können dabei zu den wertvollen Fundstücken zählen. „Ansonsten bewahren wir Lebensmittel aber nur zwei Tage lang auf.“
Viele Besitzer holen ihr Hab und Gut wieder ab, doch einiges scheint für immer vergessen. Warum sich viele Gäste nicht mehr melden? „Darauf habe ich noch keine Antwort gefunden“, sagt Ohlberger lachend. „Einige Leute wollen die Sachen einfach loswerden, weil ihnen der Ballast zu viel ist.“
Und was passiert damit? „Einige Wertgegenstände gehen an den Finder“, erklärt Ohlberger. „Oder wir verkaufen sie nach der gesetzlichen Aufbewahrungsfrist für einen guten Zweck und spenden den Erlös an Unicef.“ So habe das Sheraton schon mal einen Flohmarkt mit den verschollenen Fundstücken im Stadtgarten veranstaltet.
Eigenartige Reisegewohnheiten
Wirklich kuriose Habseligkeiten gingen dabei nicht über den Ladentisch. „Die meisten unserer Gäste sind reisende Geschäftsleute“, erklärt Michael Heinrich. „Die sind pflegeleicht.“
Doch auch die haben so ihre Eigenheiten. „Viele unserer chinesischen Gäste reisen mit ihrem eigenen Teeservice“, erzählt Roland Ohlberger. „Die wurden von Generation zu Generation in der Familie weitergegeben.“
Und wenn man sie schon mitnimmt, muss man sie auch nutzen. Also wollte jeder der Gäste eine Teezeremonie in seinem Zimmer veranstalten. „Das war eine besondere Herausforderung“, sagt Ohlberger lachend. „Dafür vergessen sie eher mal ihre Zahnbürste.“