Essen. . Ab dem 1. Januar zahlen Essener ÖPNV-Kunden drauf: Der VRR erhöht die Preise, und die Evag steigt in die höchste Tarifgruppe auf. Die Prognose: 600.000 Euro mehr Einnahmen.
Für gute Qualität soll man auch mehr zahlen. Die Dresdner Marketingagentur „Probst und Consorten“, die im Auftrage des VRR die einzelnen Verkehrsunternehmen unter die Lupe nahm, sah hier die Kriterien erfüllt, Essen in die höchste Tarifstufe zu heben.
Weil es ausreichende S-Bahn-Anbindungen in der Innenstadt gibt, weil die Evag Zigtausende Fahrgäste auf den Schienen und durch Tunnelröhren befördert, weil das Haltestellennetz eng verwebt ist und zudem die Takte relativ kurz sind.
Kurzum. Ab Januar zahlt hier ein Fahrgast so viel wie in Düsseldorf, Dortmund, Bochum und Wuppertal. Für diese Städte gilt in wenigen Tagen die neue Preisstufe A3. Allein dieser Preisaufschlag kostet Inhabern von Monatstickets zwischen 61 Cent und 1.10 Euro mehr im Monat. Damit nicht genug: Hinzu kommt gleichzeitig eine allgemeine Tariferhöhung von 3,8 Prozent.
Schwarzfahrer zahlen mehr
Die Essener Evag verteidigt die Preiserhöhungen und die Einstufung in die Spitzen-Tarifgruppe. „Wir haben ein qualitativ gutes ÖPNV-Angebot, das deshalb aber auch kostenintensiv ist“, meint Sprecher Olaf Frei. Als Qualitätskriterien hebt er vor allem hervor, dass 92 Prozent der Essener in unmittelbarer Nähe zu ihrem Wohnort Bus und Bahn erreichen und 70 Prozent während der Rushhour ein Angebot im Zehn-Minuten-Takt nutzen können. „Wir brauchen die Mehreinnahmen, um unseren Nahverkehr weiter am Laufen zu halten“, betont Frei. „Wir stehen vor riesigen Investitionen in unsere Fahrzeuge, in Gleise und Bahnhöfe.“
Das lässt sich aber kurz- und mittelfristig mit den höheren Preisen allein nicht finanzieren. Die erwarteten zusätzlichen Einnahmen liegen für 2015 bei rund 600.000 Euro. Letztlich wird sich die Summe nur deshalb auf eine Million Euro erhöhen, weil ab dem neuen Jahr ertappte Schwarzfahrer 60 statt 40 Euro zahlen müssen.
Die Fahrpreiserhöhungen kommen insofern zu einem ungünstigen Zeitpunkt, weil zum einen von hohen Qualitätsansprüchen die Rede ist, zum anderen aber Millioneneinsparungen bei der Evag und beim ÖPNV drohen. Sollten aber immer mehr Stammkunden abspringen, verliert die Evag Geld – viel Geld . Und verschlechtert sich das Angebot tatsächlich, könnte der Verkehrsbetrieb eines Tages seinen Platz in der Premium-Klasse wieder verlieren und sich neben Duisburg in Preisstufe A2 einordnen. Heißt: noch weniger Einnahmen.
Die Stadtkasse entlasten
Darüber entscheiden die Gutachter in regelmäßigen Abständen. Der Kriterienkatalog für die Preisstufen A1 bis A3 werde turnusmäßig alle drei Jahre auf Plausibilität untersucht“, erklärt VRR-Sprecherin Sabine Tkatzik.
Trotz der Finanzklemme und der düsteren Prognosen über die weitere Fahrgastentwicklung bleibt die langfristige Zukunftsperspektive dieselbe. „Unser Ziel ist der Ausbau des nutzerfinanzierten Nahverkehrs“, erklärt Olaf Frei. Eines (wenn auch nicht absehbaren) Tages soll der Kunde mehr oder weniger den vollen Preis für die gebotene Leistung bezahlen – und den städtischen Haushalt entlasten.
Das funktioniert nach VRR-Philosophie nur, wenn Fahrpreise zwar regelmäßig, aber jeweils so moderat angehoben werden, dass nicht gleich zu viele Kunden vergrault werden.
Fahrpreiserhöhung möglich
Bei der Evag in Essen konnten so die „Kassentechnischen Einnahmen“ von 77,4 Millionen Euro im Jahre 2007 auf 93,8 Millionen im Jahre 2012 gesteigert werden. Dabei lag die Zahl der Fahrgäste 2007 nur um eine Million niedriger als 2012 mit insgesamt 125,3 Millionen.
Und die nächste Fahrpreiserhöhung wird nicht lange auf sich warten.