Essen. Lutz Hübners überaus erfolgreiche Komödie „Frau Müller muss weg“ ist endlich in Essen angekommen. Im Rathaus-Theater wurde die hiesige Premiere gefeiert. TV-Star Gerit Kling verstärkt das Ensemble nach Weihnachten.
Das größte Glück eines Autors ist es, wenn seine Stücke nicht nur uraufgeführt, sondern auch nachgespielt werden. Lutz Hübner geht das regelmäßig so. Er trifft mit seinen gut gebauten Werken den Nerv der Zeit, wartet mit vielschichtigen Figuren auf und erweist sich stets als präziser Beobachter unserer Gesellschaft. Nicht umsonst gehört er zu den meistgespielten Autoren auf deutschen Bühnen. Das Jugenddrama „Ehrensache“ und das Ü-60-Stück „Blütenträume“, beide entstanden für das Schauspiel Essen in der Intendanz von Anselm Weber, demonstrierten das bereits. Doch mit „Frau Müller muss weg“ hat er sich übertroffen. Nach der Uraufführung in Dresden wurde die Komödie von Berlin bis Stuttgart gezeigt und ist nun in Essen angekommen.
An diesem amüsanten wie klugen Abend im Theater im Rathaus steht schnell das Gebot der Stunde im Raum: Das größte Glück für Eltern ist es, wenn ihr Kind die Empfehlung fürs Gymnasium erhält. Getrieben von Pisa-Studie und Turbo-Abitur wollen sie nur das Beste für ihre Kleinen. Frau Müller, Klassenlehrerin der 4 b, will das auch und sagt pädagogisch wertvolle Sätze wie: „Es gibt Kinder, für deren Entwicklung es besser ist, auf einer Realschule glücklich zu sein, als auf einem Gymnasium unglücklich.“ Verbunden mit schlechten Noten ein Todesstoß für jeden ehrgeizigen Erziehungsberechtigten. Fünf zunächst unscheinbare Exemplare beschließen, dass nur Frau Müller daran schuld ist und entfernt werden muss.
Realitätsnähe und Wiedererkennungseffekt
Was mit einem vorsichtigen Herantasten beginnt, artet in der Regie von Kay Neumann zum hochemotionalen und wendungsreichen Kampf um die Zukunft der Sprösslinge aus, wobei er den angelegten Ossi-Wessi-Konflikt nicht übermäßig herausstreicht. Ein exzellent aufgestelltes Ensemble tritt im Klassenzimmer zum Streit zwischen rotbeinigen Holzstühlchen und selbst gebastelten Kürbismännchen (Ausstattung: Monika Frenz) an. Und es gelingt ein zutiefst menschlicher Spaß, wenn Andrea Lüdke als toughe Karrierefrau agiert, Wolfgang Seidenberg als übermäßig ambitionierter Hartz IV-Empfänger Tacheles redet, Iris Boss sich als Mutter des Klassenbesten herauswindet und Katrin Filzen heulend den Gutmenschen gibt, falls sie nicht gerade Thomas Martin als duckmäuserischen Gatten furienhaft in den Boden stampft. Claudia Rieschel als engagierte Lehrerin setzt sich schließlich mit einem Rundumschlag zur Wehr, der die Fehler der Schüler wie die Versäumnisse der Eltern entlarvt.
Der Autor, das Stück, der Film
Lutz Hübner wurde 1964 in Heilbronn geboren. Nach dem Studium der Germanistik, Philosophie und Soziologie in Münster machte er eine Ausbildung zum Schauspieler. Seit 1996 arbeitet er als freiberuflicher Autor und Regisseur und lebt mit Frau und Kind in Berlin.
Bis zum 9. Januar ist seine Komödie „Frau Müller muss weg“ im Theater im Rathaus zu sehen. Ab 27. Dezember löst TV-Star Gerit Kling Andrea Lüdke als toughe Karrierefrau ab.
Sönke Wortmann verfilmte das Bühnenstück in prominenter Besetzung u. a. mit Gabriela Maria Schmeide, Anke Engelke, Justus von Dohnányi, Ken Duken und Alwara Höfels. Am 15. Januar ist der Kinostart.
Karten zum Stück: 2455555
Das größte Glück für den Zuschauer ist ein befreiendes Lachen über sich selbst. Immer wieder aufbrandender Szenenapplaus zeugte bei der Premiere von Realitätsnähe und vortrefflichem Wiedererkennungseffekt gepaart mit pointierter Komik. Große klasse.