Essen. . Das Arbeitsmarkt-Bündnis Essener Konsens hat in 20 Jahren über 100 Projekte für Langzeitarbeitslose organisiert. Doch die Finanzierung wird immer schwieriger.

Wenn der Chef der Weißen Flotte Baldeney, Franz-Josef Ewers sich für Weihnachten etwas wünschen dürfte, dann wäre es wohl dieser: das alte Fährschiff „Isenberg“ wieder flott zu machen. Aber Ewers fehlen noch rund 30.000 Euro, die er nun bei Stiftungen oder privaten Geldgebern auftreiben muss, wenn die Pläne Wirklichkeit werden sollen. Fest steht jedoch schon, dass die Restaurierung des rund 60 Jahre alten Schiffes eines der nächsten Arbeitsprojekte im Essener Konsens werden soll – jenes Zusammenschlusses von Wirtschaft, Stadt, Arbeitsverwaltung und Gewerkschaften, mit dem seit 20 Jahren Arbeitsmarktprojekte in Essen organisiert werden. Am Montag wurde bei einem Festakt in der neuen Kreuzeskirche der runde Geburtstag des Essener Konsens’ gefeiert.

Die Projektliste der vergangenen 20 Jahre ist lang. Über 100 Vorhaben sind dort aufgeführt: vom Alten Bahnhof Kettwig, aus dem ein Bürger- und Kulturzentrum wurde, über das Radwegeprogramm „Neue Wege zum Wasser“ bis hin zu Projekten auf Zeche Zollverein oder Zeche Helene. All diese Projekte mussten und müssen strenge Kriterien erfüllen, um im Essener Konsens angegangen zu werden: Sie müssen gemeinnützig sein, den Essener Bürgern zugute kommen, sie dürfen keine regulären Arbeitsplätze verdrängen und die Aufträge müssen an lokale Unternehmen gehen. Einer der Gründungsmitglieder, Ulrich Meier von der Kreishandwerkerschaft, erinnerte an dieses permanente Spannungsfeld, das die Akteure seit zwei Jahrzehnten im Einvernehmen lösen.

Dabei sind die Rahmenbedingungen nicht einfacher geworden. So wie Ewers müssen die Projektanmelder immer stärker um die notwendigen Eigenmittel kämpfen. Das Klinkenputzen ist mühsamer geworden, seit sich die öffentliche Hand immer stärker aus der Finanzierung herauszieht.

Klebeeffekt wurde nie gezählt

Auf der anderen Seite hat auch das Jobcenter immer weniger Geld für Qualifizierung und Ein-Euro-Jobs (früher ABM) für Langzeitarbeitslose in der Kasse. „Früher konnten wir mehrere Projekte gleichzeitig umsetzen, heute geht das nur noch hintereinander“, sagt Ullrich Lorch vom städtischen Bildungsträger EABG, der mit dem Jobcenter Langzeitarbeitslose für die Aufgaben in den Konsens-Projekten fit macht. Aktuell bieten die beiden laufenden Bauvorhaben im Essener Konsens 130 Plätze für Langzeitarbeitslose an – das sind nur halb so viele wie vor fünf Jahren.

Die Frage, was die Projekte den Arbeitslosen gebracht haben, beantworten die Verantwortlichen längst mit einer genügenden Portion Realitätssinn. Die so genannten Klebeeffekte im ersten Arbeitsmarkt wurden jedenfalls nie gezählt. „Von solchen Kennziffern, die angeblich Erfolg messen sollen, muss man sich verabschieden“, sagte Dietmar Gutschmidt, Leiter des Jobcenters. Im Schnitt ist ein Hartz-IV-Empfänger in Essen derzeit acht Jahre arbeitslos. „Da müssen wir Teilhabe organisieren und den Menschen Projekte vermitteln, bei denen sie Sinn und Motivation verspüren, und wo sie anschließend stolz darauf sein können, mitgewirkt zu haben“, so Gutschmidt.