Essen. . Die Gründung der neuen Ratsfraktion BAL im Essener Rat durch die ehemalige Grüne Elisabeth van Heesch-Orgass und zwei Ex-AfD-Ratsherrn löst in der Politik Kopfschütteln aus. Was hat sie zu diesem Schritt bewogen?

Der „Informer“ hatte einen politischen Paukenschlag angekündigt. Was das Online-Magazin dann am späten Mittwochabend veröffentlichte, hat eher die Qualität eines Knallbonbons mit eingebautem Lacheffekt. Oder sollten Leser gar echte Tränen vergießen? Die Reaktionen aus den Ratsfraktionen auf das, was sich da unter dem Dreiklang „Bürgerlich Alternative Liste“ (BAL) zusammengefunden hat, schwanken jedenfalls zwischen heiterem Schenkelklopfen, fassungslosem Staunen und Fremdschämen.

BAL das ist die neue, nunmehr achte Fraktion im Rat der Stadt. Gegründet haben sie Menno Aden und Marco Trauten, beide nach der Kommunalwahl auf dem Ticket der „Alternative für Deutschland“ (AfD) in den Rat eingezogen und von dieser inzwischen zu unerwünschten Personen erklärt. Die dritte im Bunde: Ratsfrau Elisabeth van Heesch-Orgass, vor nicht einmal vier Wochen aus der Grünen-Ratsfraktion ausgetreten, um - wie sie tief beleidigt ankündigte - als Einzelvertreterin im Rat „überparteilich sozial-ökologisch ausgerichtete Politik“ zu machen.

„Selbstbedienungsmentalität“

Der drohenden politischen Vereinsamung im Rat ist van Heesch-Orgass nun entflohen. Was die promovierte Juristin aber bewogen hat, mit zwei Parias vom rechtskonservativen Rand gemeinsame Sache zu machen? Diese Frage treibt nicht nur ihre ehemaligen Parteifreunde um. Deren Sprecherin Gönül Eglence erklärte: „Wir Grüne sind entsetzt, dass sie sich mit dem Geschichtsrevisionisten Aden und dem Rechtsaußen Trauten in ein Boot setzt.“ Und: „Wir schämen uns dafür, Elisabeth van Heesch-Orgass auf unserer Liste zur Kommunalwahl aufgestellt zu haben.“

Für die Linke legte Fraktionssprecherin Gabriele Giesecke noch einen oben drauf: Die völlig unterschiedlichen politischen Biographien legten nahe, dass es weniger um politische Gemeinsamkeiten gehe, als um erhebliche rechtliche und finanzielle Vorteile einer Fraktion. „Das ist eine Selbstbedienungsmentalität“, polterte Giesecke. Denn für die Deckung von Personal- und Sachkosten erhält die dreiköpfige BAL-Fraktion nun 104.000 Euro pro Jahr - fast viermal soviel wie die Ratsgruppe „AuT“ bekommt, zu der sich Aden und Trauten verbandelt hatten, natürlich aus politischen Gründen.

Van Heesch-Orgass hat weder mit der Vergangenheit ihrer Mitstreiter Probleme, noch mit den obskuren Thesen ihres Fraktionsvorsitzenden Menno Aden. „Aden und Trauten sind beide Politiker derr bürgerlichen Mitte“, so die Ratsfrau aus Werden. Aden „in eine Rechtsaußen-Ecke“ zu schieben, sei absurd, sei er doch schließlich mehr als drei Jahrzehnte Mitglied der CDU gewesen. Auch dort ist man übrigens froh, ihn los zu sein.

Oberbürgermeister will genau hinsehen

Van Heesch-Orgass verweist auf das Grundstatut ihrer neuen Fraktion. Eine Zusammenarbeit mit Links- oder Rechtsradikalen wird darin ausdrücklich ausgeschlossen. Die persönliche Chemie stimme. Dem persönlichen Geltungsbedürfnis dürfte das Miteinander entgegen kommen. Als Fraktion finden die drei Ratsmitglieder mehr Gehör, auch wenn die BAL in den Fachausschüssen nicht vertreten seien wird. Für eine Neubesetzung müsste der Rat die Ausschüsse erst auflösen. Eine Mehrheit ist dafür nicht in Sicht.

Ob die drei aus politischen Gründen eine Fraktion bilden und nicht doch allein aus finanziellen Erwägungen, ist nach Auskunft des Rechtsamtes zu prüfen. Anhaltspunkte: das Fraktionsstatut, die politischen Biographien und das Abstimmungsverhalten. Oberbürgermeister Reinhard Paß will sehr genau hinsehen. Also, Obacht!