Essen. . In „Am Horizont“ spielt Thomas Büchel einen an Alzheimer erkrankten Großvater. Das Stück hat jetzt Premiere in der „Box“ in der Theaterpassage.

„Gerade hatte ich mich an die Vaterrollen gewöhnt, da kommen die Opas“, sagt Thomas Büchel. Für den Schauspieler ist es mit 49 der dritte Großvater, den er verkörpert. „Ich bin dafür zu jung“, dachte er sich beim Lesen des Kinderstücks „Am Horizont“ und entdeckte doch den Reiz. Es geht um den langsamen Verfall eines noch vitalen Mannes mit Alzheimer-Diagnose und wie sein elfjähriger Enkel damit fertig wird. „Das ist toll zu spielen“, so Büchel, der schon als geiziger Harpagon und als Medeas Jason in Essen zu sehen war.

Nun ist er in Katha Trykowskis dicht am Stoff angelegter Inszenierung Janeks Opa. Mit ergrautem Perückenhaar blickt er auf eine glanzvolle Vergangenheit als Schwimmer. Früher trat er bei den Olympischen Spielen an, heute trainiert er den Enkel im Delfin-Stil. Die beiden sind sich sehr nah, bis der alte Herr erkrankt und verrückte Dinge anstellt. Dass er mit dem Bademantel ins Kino will, sich nur halb rasiert, ist noch amüsant. Dass er die Wohnung abfackeln will, bringt Janek zur Verzweiflung. Als er immer öfter in belastende Konflikte gerät, macht ihm Klassenkameradin Anna Mut.

Die Kindheit im Altersheim

„Die Krankheit äußert sich in vielen Facetten. Zu zeigen, was da alles in welchen Stadien passiert, ist die Aufklärungsarbeit des Stückes“, erklärt Thomas Büchel, und es gefällt ihm, dass Autorin Petra Wüllenweber ihre Geschichte so leicht erzählt. „Tragisch wird es eh.“ Die Schüler einer sechsten Klasse des Nord-Ost-Gymnasiums, die die Proben begleiten, verpacken das schwierige Thema jedenfalls gut. „Sie gehen ganz stark mit“, berichtet er.

„Am Horizont“ in der Box des Schauspiel Essen

Uraufgeführt wurde „Am Horizont“ von Petra Wüllenweber 2009 – und ein Jahr später zum Festival KinderStücke in Mülheim eingeladen.

Für Kinder ab zehn Jahren ist das Stück geeignet.

In der Inszenierung von Katha Trykowski sind neben Thomas Büchel David Simon als Janek und Silvia Weiskopf als Anna zu sehen.

Die ausverkaufte Premiere findet am 6. Dezember in der Box (Theaterpassage) statt. Karten/Termine: 8122 200

Damit alles stimmig ist, gab es in Sachen Delfinschwimmen praktischen Anschauungsunterricht. Beim Herantasten an das Krankheitsbild war die Dokumentation „Der Tag, der in der Handtasche verschwand“ hilfreich. Ein Besuch im Altersheim sei für ihn jedoch völlig überflüssig, meint der gebürtige Chemnitzer. „Meine Mutter und meine Großmutter haben in der DDR in einem Altersheim gearbeitet, wo auch geistig Behinderte untergebracht waren. Mit elf, zwölf Jahren war ich oft da und habe die Leute beobachtet.“

Die Hoffnung, dass man selbst nicht daran erkrankt

Während er derzeit diese Begegnungen nutzt, um die Opa-Rolle zu gestalten, kommt sein Leben wieder in geordnete Bahnen. Seine Frau und drei der vier Kinder haben den Umzug von der letzten Station Weimar nach Essen hinter sich gebracht. Und da die Jüngste erst anderthalb ist, zogen die Schwiegereltern aus Halle zur Unterstützung gleich mit nach Stadtwald. Eine Erleichterung für den Familienmenschen Thomas Büchel: „Die erste Spielzeit ohne die Kinder war schon unerträglich.“

Zuweilen kommt ihm der Gedanke, selbst einmal zu erkranken, verwirrt zu sein, alles zu vergessen. „Ich weiß, Demenz ist bei mir in der Familie verbreitet“, sagt er. „Meine Oma war über zehn Jahre dement, der Onkel ist es auch. Aber man hegt die Hoffnung, dass es einen nicht trifft. Wenn ich meine Kinder nicht mehr wiedererkennen würde, das wäre krass.“