Essen. . Ein Besuch in der ostukrainischen Stadt Charkow lässt dem Essener Thomas Schiemann keine Ruhe mehr: Er hat dort mit Flüchtlingen aus den Regionen Donezk und Lugansk gesprochen, die nur ihre Haut hatten retten können. Nun plant er einen Hilfstransport - und hofft auf die Unterstützung der Essener.

Jeder kennt die Bilder, die Schlagzeilen aus der Ukraine, mancher überblättert sie längst: Im Osten nichts Neues. Thomas Schiemann kann das nicht. Er ist den Menschen begegnet, denen diese Bilder von Krieg und Flucht den Schlaf rauben, weil es ihr Schicksal ist. Darum will der 58-Jährige einen Hilfstransport in die Ukraine organisieren. Auf eigene Faust, möglichst schnell – und mit Unterstützung der Essener.

Über sich selbst will Schiemann am liebsten nicht reden, aber man muss daran erinnern, dass er Präsident des Essener Eishockeyclubs Moskitos war – dass der Verein mit ihm in die Insolvenz ging, fügt er selbst hinzu. Heute weiß Schiemann, dass es schlimmere Dramen gibt. Vor fünf Wochen reiste er mit seiner ukrainischen Frau in deren Heimatstadt Charkow. Er war schon öfter dort, erlebte die Menschen als „friedlich, warmherzig und gastfreundlich“.

Trausende Flüchtlinge stranden in Charkow

Seine Schwiegermutter sei Russin, der Schwiegervater Ukrainer; früher sei das nicht erwähnenswert gewesen. Nun aber toben bekanntlich im Osten der Ukraine die Kämpfe zwischen Regierungstruppen und prorussischen Separatisten. Nun stranden Tausende Flüchtlinge aus den Regionen Donezk und Lugansk in Charkow. Der Bahnhof hier ist zur Auffangstelle geworden, hier haben Thomas Schiemann und seine Frau mit erschöpften, gebrochenen Menschen gesprochen. „Familien laufen Hals über Kopf aus den besetzten Gebieten weg und kommen nur mit dem an, was sie auf der Haut tragen.“ Manche seien schon dankbar gewesen, dass ihnen jemand zuhörte. Was die Menschen erzählten, sei ihm so nahegegangen wie noch nichts in seinem Leben.

Info-Abend zur Aktion für die Ukraine

Thomas Schiemann möchte Anfang Dezember einen Hilfstransport in die Ukraine schicken. Weil dringend Hilfe gebraucht werde, habe er keinen Verein gründen können. Er werde aber die Verwendung jeden Euros im Internet belegen.

Er hat das Projekt schon im kleinen Kreis vorgestellt. Am 24. November, 19.30 Uhr ist ein Info-Abend. Interessenten melden sich unter: thommyde@live.de

„In Charkow sind gut 100.000 Flüchtlinge“, schätzt Schiemann. Das überfordert auf Dauer auch die gastfreundlichsten Bürger. Bisher quartieren die in ihre zum Teil winzigen Wohnungen noch Großfamilien ein, bisher helfen auch jene, die kaum etwas zum Abgeben haben.

Hilfstranport Anfang Dezember Richtung Charkow

Schiemann selbst kann etwas abgeben, und er will dazu auch andere ermutigen. Darum soll sein Hilfstranport Anfang Dezember Richtung Charkow aufbrechen; für den Lkw und den Sprit kommt Schiemann selbst auf. Gebraucht werden warme Kleidung, Matratzen, Decken, Babynahrung, Windeln, Kinderwagen, Geschirr und lange haltbare Lebensmittel; wobei ein Teil der Hilfsgüter erst vor Ort gekauft werden soll. Die Formalitäten mit dem Hauptzollamt habe er bereits geklärt, zur Gründung eines Vereins bleibe aber keine Zeit. „Durch den beginnenden Winter und die neuen Kämpfe kommen jetzt mehr Flüchtlinge denn je, und wir wollen uns beeilen.“

Es sei ein privates Projekt, aber er werde im Internet über jeden Euro Rechenschaft ablegen. Der erste von zwei Info-Abenden hat ihn ermutigt: „Es gingen Einzelspenden zwischen 100 und 1000 Euro ein.“