Essen. In letzter Zeit sind der Bundespolizei häufiger Fotos von Profi-Fotografen aufgefallen, die Menschen im Gleisbett zeigen. Sie warnt davor, die Fotos aufzunehmen und zu verbreiten, weil sie Jugendliche animieren könnten, sich ebenfalls auf den Schienen zu fotografieren. In Essen werden regelmäßig Teenager erwischt, die sich im Gleisbett fotografieren.
Ein Vater, eine Mutter, ihr kleines Kind halten sie an den Händen, gemeinsam laufen sie im Gleisbett gen Horizont: Es sind Fotos wie dieses, die bei den Bundespolizisten die Alarmglocken schrillen lassen. Die Aufnahmen, die Menschen direkt im Gleisbereich zeigen, sind den Beamten in letzter Zeit mehrfach aufgefallen. "Die Bilder stammen von professionellen Fotostudios", erklärt Jürgen Karlisch, Sprecher der Bundespolizeiinspektion in Dortmund, die für die Städte Dortmund, Hagen, Bochum, Essen, Gelsenkirchen und Recklinghausen zuständig ist.
Die Bundespolizei warnt, dass die Ausstellung und Verbreitung dieser professionellen Fotos dazu führen könne, dass Jugendliche selbst Bilder im Gleisbereich machen. Denn die Beamten beobachten seit einigen Jahren einen gefährlichen Trend unter Teenagern: Vor allem junge Mädchen posieren gemeinsam mit ihrer besten Freundin Hand in Hand im Gleisbett und verbreiten diese Freundschaftsfotos über das Internet- zum Beispiel über soziale Netzwerke wie Facebook.
Meistens machen Mädchen zwischen zwölf und 16 Jahren die "Fotos im Gleisbett"
Der Wissenschaftler Martin Vogt hat das Phänomen "Fotos im Gleisbett" beleuchtet: Demnach besteht es seit circa 2007. Bahnschienen stehen dabei unter anderem als Symbol für Sehnsucht oder Fernweh. Gleichzeitig bilden die beiden Schienenstränge "ein Paar, das sich niemals trennt". Die Teenager, meistens Mädchen zwischen zwölf und 16 Jahren, schreiben unter die Bilder Sätze wie: "Auch wenn jetzt ein Zug kommen würde .. ich würde deine Hand nie loslassen."
Foto-Shootings wie diese können tödlich enden, warnt die Bundespolizei. In Lünen kamen im Sommer 2013 zwei Mädchen (14 und 15 Jahre alt) ums Leben, als sie von einem Güterzug erfasst wurden. In der Nähe fanden die Ermittler eine Kamera. Die Bundespolizei vermutet, die Mädchen wollten Freundschaftsfotos machen.
Gleise in Essen-Altenessen und -Dellwig sind beliebte Treffpunkte
Auch in Essen erwischt die Bundespolizei regelmäßig Jugendliche, die sich im Gleisbett fotografieren. Beliebte Treffpunkte seien Gleise in Altenessen und in Dellwig, im Bereich des Automarktes, so Karlisch.
Die Bundespolizei befürchtet, dass die Aufnahmen der Fotostudios die Jugendlichen zum Nachahmen anregen. Darum sei auch das Argument mancher Profi-Fotografen, dass das Gleis stillgelegt oder nicht mehr befahren sei, für die Beamten keine Rechtfertigung. Karlisch appelliert: "Unterstützen Sie die Präventionsarbeit der Bundespolizei, indem Sie keine Fotos im Gleisbereich fertigen und verbreiten."
Wer im Gleisbett erwischt wird, muss mit einem Bußgeld ab 25 Euro aufwärts rechnen. Karlisch erklärt: Habe der Ausflug ins Gleis zum Beispiel die Folge, dass ein vollbesetzter ICE eine Notbremsung einleiten muss, so handelt es sich um einen gefährlichen Eingriff in den Verkehr. Das habe strafrechtliche Konsequenzen. Dann drohen den Verursachern hohe Geldbeträge beziehungsweise eine Haftstrafe, die Deutsche Bahn könne Regressansprüche stellen.
Karlisch empfiehlt: "Im Ruhrgebiet gibt es auch viele andere schöne Motive für Fotos." Aber im Gleisbett sei "kein Platz für Romantik".