Duisburg-Rheinhausen. Der Fotograf Alex Kempkens muss seine Galerie Ende 2022 verlassen. Ein Abschied ohne Wehmut. Künftig will er sich mehr dem Schreiben widmen.
Alex Kempkens räumt auf. Knochenjob und Herkulesaufgabe. Zwölf Jahre Kunst vor Ort – das sind zwölf Jahre Fotografien, Sammlungen, Ordner, Kataloge, Bildbände und Bücher, die sich in Kisten, Kästen, Nischen, Regalen und auf Tischen türmen. Der Anfang vom Ende einer kleinen Ära. Am 31. Dezember ist Schluss mit dem „Atelljee“ an der Wertheimer Straße in Rheinhausen. Das Kunstkabinettchen schließt seine Türen. Für den bald 80-jährigen Künstler ein Abschied, aber auch ein Neubeginn.
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Von Wehmut spürt man wenig, wenn man dieser Tage mit einem gewohnt emsigen Kempkens spricht. Zurzeit halte ihn das Sichten und Sortieren auf Trab, berichtet er. Nach und nach wird er alles wegschaffen, teils in ein Lager, ordentlich in Kisten verstaut und beschriftet, „damit ich es auch wiederfinde.“
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Für ihn ist der Abschied von seiner Galerie auch eine Chance, obwohl er seinen Kunstraum gern behalten hätte – es wurde seitens des Vermieters gekündigt. Traurig macht ihn das nicht, vielleicht nachdenklich, aber auch zuversichtlich. „Es geht mir gut“, sagt Kempkens. „Für mich war es immer ein gutes Zeichen, wenn ich aus- bzw. umgezogen bin. Alles ist endlich in dieser Welt.“
Neun Jahre Fotografie aus Duisburg-Rheinhausen
Neun Jahre war Dat Atelljee Showroom für Fotokunst made in Rheinhausen. Herrlich kreativ war es hier, bunt, eigenwillig, anarchistisch, chaotisch. Die kleinen Räume dienten den Kreativen als Ausstellungsort und Verkaufsstelle, aber vor allem waren sie Heimstatt für die Truppe Fotografinnen und Fotografen, die Kempkens als „Harten Kern des Atelljee-Teams“ bezeichnet. Unzählige Streifzüge am Niederrhein entlang liegen hier konserviert. Viele Motive, die Kempkens und Freunde festgehalten haben, schafften es in die beliebten regionalen Kalender.
Immer mittendrin: der Alex Kempkens. Vom Journalisten und Werber zum freien Fotokünstler führte sein Lebensweg, von Linz am Rhein über Düsseldorf, München und Montreal, Kanada, bis zurück an den Niederrhein. In Rheinhausen ist er dann sesshaft geworden und wird es auch bleiben, wie er schildert. Einige Aktivitäten ließen sich vielleicht in seine Wohnung verlegen, überlegt er laut, „also laufende Projekte.“ Aber eben nicht alles.
Eine Idee sind Ausstellungen in leerstehenden Ladenlokalen in Rheinhausen
Denn die Ausstellungen will er unbedingt beibehalten. Hierfür braucht er eine Alternative. Kempkens denkt an leerstehende Ladenlokale, in denen die Fotografen temporär Werke präsentieren könnten. Eine Idee, die das Atelljee-Kreativteam weiterverfolgen wird. Für sich hat sich der 79-Jährige vorgenommen, wieder mehr zu schreiben, unlängst ist seine Autobiografie erschienen. Außerdem hat er Fachbücher über Fotografie und digitale Computer-Kunst verfasst, in der er Pionier war und seit Jahrzehnten zuhause ist. Sein Erstling, „Pixle-Spiele“ von 1983, hat es bis in die Bibliothek des Victoria and Albert Museums in London geschafft, erzählt Kempkens mehr amüsiert. Aktuell sitzt er am ersten Band eines Werkkatalogs mit historischem Hintergrund, eine Sisyphos-Arbeit.
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Auch den Rheinhausen-Kalender will das Team weiter herausgeben. Außerdem ist ein Buch mit den besten Fotos, die im letzten Jahrzehnt entstanden sind, geplant, ein richtig schöner Bildband, ein Best-of des Atelljees, aufwendig. Im Großen und Ganzen habe er aber auch nichts dagegen, es künftig etwas ruhiger angehen zu lassen und sich aufs Wesentliche zu konzentrieren, schmunzelt Kempkens. Im September feiert er den 80. Geburtstag.
Letzte Gruppenausstellung am Tag der offenen Ateliers in Duisburg
Noch liegt der letzte Tag des Atelljees in der Ferne. Aber die Abschiedssinfonie steht fest. Es wird noch eine Gruppenausstellung zum Duisburger Tag des offenen Ateliers im Oktober geben, arrangiert in mehreren Räumen, auf dem Boden, in Ordnern und überall, wo bis dahin Platz ist. Außerdem eine Einzelausstellung, die Kempkens als „mein persönliches Theater“ bezeichnet: „Arbeitstitel: Mädchen, die keine Anzüge tragen.“
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Bis dahin allerdings hat der Mann mit dem Rübezahlbart auf dem Boden der Tatsachen noch ordentlich zu tun. Täglich vier Stunden Aufräumen bis Ende November, hat sich ausgerechnet. Unterm Strich sind das fast 800 Stunden. Kempkens schmunzelt: „Das sollte reichen.“