Duisburg-Homberg. Immer mehr Duisburger entdecken das ungewöhnliche Bestattungsangebot in der Rheinkirche. Was das Kolumbarium in Homberg so besonders macht.

Darf man das? Beim Schreiben über einen Ort der Totenruhe die lockere Formulierung wählen, dass jetzt, acht Monate nach der Eröffnung, immer mehr Leben in die Bude kommt? Für Andreas Knapp ist das nicht nur völlig in Ordnung, es ist sogar erwünscht, dass der Tod im freien Kolumbarium Rheinkirche einen lebendigeren und weniger verkrampften Platz mitten in der Gesellschaft bekommt. Das heißt nicht, dass der Abschied von geliebten Menschen hier weniger traurig ist. Aber es bedeutet im besten Fall, dass Angehörige und Freunde gerne zu Besuch kommen, um den Verstorbenen in dieser besonderen Atmosphäre des ehemaligen Gotteshauses an einem „Wohlfühlort“ nahe zu sein.

120 Gäste kamen zur Beisetzung von Udo Vohl ins Kolumbarium

2017 hat sich der Architekt Andreas Knapp in die leerstehende Homberger Rheinkirche verguckt und mit seiner „Häuserwachküssgesellschaft Küssdenfrosch“ die Idee entwickelt, aus dem 127 Jahre alten Gebäude ein Kolumbarium zu machen. Vier Jahre hat der 3,5 Millionen teure Umbau samt Sanierung des Daches gedauert, im April wurde der denkmalgeschützte Kirchenbau als letzte Ruhestätte für Menschen aller Glaubensrichtungen eröffnet. Platz für 6000 Urnen bietet die Begräbnisstätte in Homberg. Immer mehr Duisburger entdecken das ungewöhnliche Bestattungsangebot im Westen der Stadt, das nun auch zum Veranstaltungsort geworden ist.

1895 wurde die Rheinkirche gebaut. Das markante Homberger Gebäude steht unter Denkmalschutz. Für 3,5 Millionen Euro wurde das einstige Gotteshaus zum Kolumbarium umgebaut.
1895 wurde die Rheinkirche gebaut. Das markante Homberger Gebäude steht unter Denkmalschutz. Für 3,5 Millionen Euro wurde das einstige Gotteshaus zum Kolumbarium umgebaut. © FUNKE Foto Services | Volker Herold

Die neue Heizungsanlage pustet an diesem frostigen Wintermorgen weißen Rauch gen Himmel. Draußen sind minus zwei, drinnen angenehme 16 Grad. Am Eingangsportal des Kolumbariums hängt ein Schild mit der Aufschrift „Geöffnet“. Außer montags sind Besucher jeden Tag von 11 bis 16 Uhr in der Rheinkirche willkommen. Es dürfte nur wenige geben, die nicht beeindruckt sind, wenn sie den Innenraum zum ersten Mal betreten. In einer imposanten Konstruktion aus Eichenholz haben die Schöpfer des Ganzen die Aufbewahrungselemente für die Urnenkammern neun Meter in die Höhe ragen lassen. In einer so luftigen Art und Weise, dass sich das Licht, das durch die Kirchenfenster einfällt, seinen Weg zwischen den Holzstreben hindurch bahnen kann.

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Trotz der lockeren Gestaltung gibt es Rückzugsorte, an denen man in aller Stille sitzen kann. In einer dieser Nischen wurde im Juli Udo Vohl beigesetzt. 120 Gäste kamen damals zur Trauerfeier für den beliebten SPD-Politiker und Vorsitzenden des Freundeskreises historisches Homberg ins Kolumbarium. Jetzt steht eine weiße Rose an seiner Urnenkammer, daneben ein Porträt von ihm in einem glänzend schwarzen Bilderrahmen und eine Kerze mit LED-Licht. Auf einem mit Filz ausgelegten Rondell kann man Platz nehmen und innehalten, während im Hintergrund klassische Musik zu hören ist.

Trauerfeiern und Konzerte im ehemaligen Altarraum der Rheinkirche

Bei unserem Besuch ist einiges los in der Rheinkirche. Im ehemaligen Altarraum, der jetzt für Trauerfeiern und Konzerte genutzt wird, wischt eine Frau den Boden. Stefan Schuster, Geschäftsführer der frisch gegründeten Kolumba GmbH, kontrolliert die Anzahl der Stühle, die für eine Beisetzung am nächsten Tag bereit stehen. Und er nimmt schon mal die Urne entgegen, die ein Bestatter im Pappkarton ins Kolumbarium bringt.

Das Freie Kolumbarium Rheinkirche in Duisburg-Homberg

Das Kolumbarium in der Rheinkirche in Duisburg-Homberg.
Das Kolumbarium in der Rheinkirche in Duisburg-Homberg.
Das Kolumbarium in der Rheinkirche in Duisburg-Homberg.
Das Kolumbarium in der Rheinkirche in Duisburg-Homberg.
Das Kolumbarium in der Rheinkirche in Duisburg-Homberg.
Das Kolumbarium in der Rheinkirche in Duisburg-Homberg.
Das Kolumbarium in der Rheinkirche in Duisburg-Homberg.
Das Kolumbarium in der Rheinkirche in Duisburg-Homberg.
Das Kolumbarium in der Rheinkirche in Duisburg-Homberg.
Das Kolumbarium in der Rheinkirche in Duisburg-Homberg.
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Das Kolumbarium in der Rheinkirche in Duisburg-Homberg.
Das Kolumbarium in der Rheinkirche in Duisburg-Homberg.
Das Kolumbarium in der Rheinkirche in Duisburg-Homberg.
Das Kolumbarium in der Rheinkirche in Duisburg-Homberg.
Das Kolumbarium in der Rheinkirche in Duisburg-Homberg.
Das Kolumbarium in der Rheinkirche in Duisburg-Homberg.
Das Kolumbarium in der Rheinkirche in Duisburg-Homberg.
Das Kolumbarium in der Rheinkirche in Duisburg-Homberg.
Das Kolumbarium in der Rheinkirche in Duisburg-Homberg.
Das Kolumbarium in der Rheinkirche in Duisburg-Homberg.
Das Kolumbarium in der Rheinkirche in Duisburg-Homberg.
Das Kolumbarium in der Rheinkirche in Duisburg-Homberg.
Das Kolumbarium in der Rheinkirche in Duisburg-Homberg.
Das Kolumbarium in der Rheinkirche in Duisburg-Homberg.
Das Kolumbarium in der Rheinkirche in Duisburg-Homberg.
Das Kolumbarium in der Rheinkirche in Duisburg-Homberg.
Das Kolumbarium in der Rheinkirche in Duisburg-Homberg.
Das Kolumbarium in der Rheinkirche in Duisburg-Homberg.
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An diesem Morgen kommt auch Peter Scheeren vorbei. Er hat es nicht weit, denn der Homberger wohnt fast nebenan. In einer Tasche an seinem Rollator hat er die unterschriebenen Unterlagen verstaut, die er Stefan Schuster geben möchte. Peter Scheeren ist 84 Jahre alt und er hat eine besondere Beziehung zur Rheinkirche. Taufe, Konfirmation, Hochzeit, Trauerfeier – so viele prägende Ereignisse hat die christliche Familie hier in der evangelischen Kirche erlebt. „Ich war von Jugend an hier“, erzählt der Senior und lässt den Blick an den Eichenbalken hinauf gleiten. „Ich bin ehrlich“, sagt er. „Anfangs hat mir das hier alles gar nicht gefallen. Ich dachte zuerst, das sieht aus, als ob die Urnen in einem Schuhregal stehen.“

Neun Meter ragen die Regalkonstruktionen aus Eichenholz in die Höhe. 3000 Urnenkammern können im unteren Kirchenraum Platz finden. Im Obergeschoss gibt es zwei weitere Räume.
Neun Meter ragen die Regalkonstruktionen aus Eichenholz in die Höhe. 3000 Urnenkammern können im unteren Kirchenraum Platz finden. Im Obergeschoss gibt es zwei weitere Räume. © FUNKE Foto Services | Volker Herold

Seine Meinung hat sich geändert. Je öfter Peter Scheeren in seine alte Rheinkirche spazierte, umso mehr haben ihn Ambiente, Architektur und Konzept überzeugt. Jetzt hat der 84-Jährige nicht nur für sich und seine Frau, sondern auch für die beiden Kinder Plätze reserviert. Alle vier werden sie an diesem Ort irgendwann einmal wieder ganz dicht beisammen sein. „Ich finde das nicht schlimm, mich mit dem Tod auseinanderzusetzen.“ Im Gegenteil. Er empfindet es als beruhigend, schon jetzt zu wissen, wo nach dem irdischen Leben ein Platz für ihn und seine Liebsten sein wird. Und dass es nun das Kolumbarium geworden ist, das war für ihn letztendlich eine Herzensentscheidung: „Ich habe hier in dieser Kirche einfach das Gefühl, zuhause zu sein.“

>>> WEIHNACHTSKONZERT IM KOLUMBARIUM AM 18. DEZEMBER 2022

  • Zu einem Weihnachtskonzert mit Klassikern der Romantik lädt das Kolumbarium Rheinkirche am Sonntag, 18. Dezember, um 16 Uhr ein. Das knapp einstündige Programm gestalten der junge Bassbariton Thomas Huy und Konzertpianist Stephan Lux an der Orgel und am E-Piano. Lieder von Franz Schubert, Robert Schumann und Richard Strauss werden im ersten Teil erklingen. Danach erwartet die Besucher eine Improvisation der beiden Künstler. Der Eintritt ist frei, um eine Spende für die Musiker wird gebeten.
  • In Zukunft soll die Rheinkirche noch viel häufiger zum Veranstaltungsort werden. Nicht nur Musikalisches ist geplant. Auch Lesungen, Gesprächsrunden oder Informationsabende mit Themen rund um das Leben und den Tod sind angedacht.
  • Kontakt: Freies Kolumbarium Rheinkirche, Rheinstraße 16, 47198 Duisburg. Geöffnet täglich (außer montags) von 11 bis 16 Uhr. Mehr Information unter www.kolumbarium-rheinkirche.de, Tel. 02066/46 90 179.