Duisburg-Rheinhausen. In Duisburg-Bergheim baut Bauträger Terrabau seit zweieinhalb Jahren sechs Doppelhaushälften. Erwerber drängen, Handwerker fühlen sich betrogen.

Anna und Björn Schröder (Namen geändert) hatten sich so gefreut. Die Seestraße am Toeppersee im Duisburger Stadtteil Bergheim schien ideal für den Bau eines schönen Häuschens. Im April 2018 unterschrieb das Paar einen Vertrag mit einer Projektgesellschaft des Bauträgers Terrabau. Zwölf Monate sollte die Bauzeit betragen. Fast zweieinhalb Jahre sind seitdem vergangen. Zwischenzeitlich befürchteten die Erwerber in Bergheim immer wieder, betrügerischen Geschäften zum Opfer gefallen zu sein.

Bei den Häuslebauern, sechs Parteien, lagen die Nerven mehrfach blank. Einige hatten sich in der Redaktion gemeldet, sich aber dann zurückgezogen. Sie befürchteten, dass im Endeffekt nichts als eine Bauruine übrig bleiben könnte. Der Klageweg sei lang, der Ausgang ungewiss. „Die Erfahrung mit diesem Bauträger“, sagt ein Käufer, der inzwischen eine Rückabwicklung erreicht hat, „wünscht man keinem.“

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Von Anfang an war die Zusammenarbeit schwierig

Eine knappe halbe Million beträgt der Preis für das neue Eigenheim. Im Fall der Schröders wäre die Rechnung unter dem Strich bis auf einen Restbetrag bereits bezahlt, dazu kommt die finanzielle Doppelbelastung. Posten wie Sanitär, Fliesen, Elektrik, Fußbodenheizung und Malerarbeiten haben sie in Eigenleistung übernommen, damit es auf der Baustelle vorangeht.

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Schilderungen der Bergheimer Käufer zufolge habe sich Terrabau, Unternehmensgruppe mit renommierten Adressen im Düsseldorfer Dreischeibenhaus und am Duisburger Innenhafen, schnell als unzuverlässiger Partner erwiesen.

Im Laufe der Zeit seien Handwerker gekommen und unverrichteter Dinge wieder gegangen. Am Bau beteiligte GmbHs verschwanden, dafür traten neue auf. Der Finanzierungspartner des Bauträgers sprang ab, ein neuer musste gefunden werden.

Und immer wieder kamen die Arbeiten zum Erliegen. Ein Bauprotokoll dokumentiert den Verlauf seit Frühjahr 2018. Und das sind vor allem: lange Pausen.

Seitens des Bauträgers ist von verlängerten Lieferzeiten und stockenden logistischen Abläufen die Rede. Auf dem Bau kursiert eine andere These: Rechnungen würden nicht bezahlt. Daraufhin stellten die Handwerker die Arbeiten ein.

Vertragspartner kann nicht bezahlen

Im September 2019, fast anderthalb Jahre nach Vertragsabschluss, stand endlich der Rohbau. Dann wieder Stillstand.

Im Dezember 2019 erfuhren die Bauherren auf Nachfrage, dass die terrabau AG die terrabau construction GmbH „veräußert“ habe, bis dahin Vertragspartner der auf dem Bau beschäftigten Handwerker. Nach einer Umbenennung befindet sich das Unternehmen inzwischen in Auflösung.

Fragen gibt es auch zur Liquidität der zweiten am Bau beteiligten GmbH, jetzt terrabau Grundbesitz GmbH (siehe Zweittext).

Blick auf die Baustelle Mitte September. Hier ist immer noch einiges zu tun.
Blick auf die Baustelle Mitte September. Hier ist immer noch einiges zu tun. © FUNKE Foto Services | Ulla Michels

Dieter Drüen senior, Chef der Moerser Tiefbaufirma Drüen, war 2018 an der Seestraße mit dem Erstaushub beauftragt. Bis heute warte er auf sein Geld, 30.000 Euro. Drüen hat ein Vollstreckungsurteil gegen die terrabau construction GmbH erwirkt. Jetzt will er versuchen, die Gesellschafter privatrechtlich zu belangen, die augenscheinlich auf großem Fuße lebten.

Drüen spricht von einer „Verschleppungsstrategie“ innerhalb der gründungsfreudigen Gruppe: Bei Schwierigkeiten einer Gesellschaft würde einfach umfirmiert, im Fall der terrabau construction GmbH insgesamt viermal.

Am Ende stünden Liquidation bzw. Insolvenz. Schlimmstenfalls bliebe für die Fertigstellung von Bauprojekten kein Cent übrig.

Drüen ist 38 Jahre in der Branche. „Ich werde es überstehen“, sagt er. „Mir tun die jungen Leute leid, die unterschrieben haben. Die machen im Endeffekt nur Schulden.“ Selbstverständlich gebe es gute Bauträger, aber deren Preise lägen meist erheblich höher.

Verzögerung sei „unerfreulich, aber auf dem Bau nicht außergewöhnlich“

Indes laufen die Arbeiten unter der Regie der terrabau AG weiter. Es herrsche „Chaos in der Bude“, heißt es am Toeppersee.

Andere Betroffene glauben, ein System ausgemacht zu haben. Der Bauträger gründe für ein Bauprojekt eine neue GmbH, beantrage Kredite – die im Bedarfsfall in finanzielle Löcher oder andere Projekte der Unternehmensgruppe flössen. Dieselben undurchsichtigen Wege nähmen Raten der Erwerber. Hinter sämtlichen Untergesellschaften, Kleinstunternehmen, stünden dabei „Strohmänner“, eine überschaubare Personengruppe, auch Eheleute oder Geschwister. Ob sich darunter ausgewiesene Bauexperten befinden, darf zumindest bezweifelt werden.

Ein Bauherr, der angibt, 2019 mit der Terrabau-Gruppe an anderer Stelle Verluste gemacht zu haben, plant aktuell, Strafanzeige zu stellen.

Das sagt der Terrabau-Vorstand

Seit Februar 2020 Jahres sitzt nun Christoph Jacob im Vorstandsbüro der terrabau AG. Von Betrug oder ähnlichem will er nichts hören, zu den Abläufen 2018 kann er „nicht viel sagen“.

Die Verzögerung in Bergheim sei „unerfreulich, aber auf dem Bau nicht außergewöhnlich“. Schwierigkeiten seien in der Tat in der zweiten Hälfte 2019 aufgetreten. Das hing einerseits mit dem Führungswechsel zusammen; der bisherige Vorstand, Sascha Kappler, sei erkrankt – er, Jacob, habe sich einarbeiten müssen.

Außerdem habe es auf dem Bau angebliche Probleme mit der Statik gegeben.

Als neuer Einzugstermin steht Ende Oktober im Raum

Gutachten mussten erstellt werden, Handwerker seien abgesprungen. Nun aber seien alle Unstimmigkeiten beseitigt. „Im Spätsommer werden die Häuser fertig sein.“

Wobei Jacob einräumt, keine Glaskugel zu besitzen. Und Corona belaste ja schließlich auch die Baubranche.

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Anfang September wird wieder von Verzögerungen berichtet. Doch jetzt melden Schröders deutliche Fortschritte. Ende Oktober, allerspätestens Mitte November, sollen die Neu-Bergheimer einziehen können. Noch sind die Arbeiten nicht abgeschlossen, der Außenbereich muss auch noch hergerichtet werden. Schröder drängt darauf, dass in seinem Haus Anfang Oktober alles fertig sein muss. Dann wird die Küche geliefert. Und die lagert jetzt anderthalb Jahre.

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• Ende 2019 erfuhren die Käufer der Häuser in Bergheim, dass die terrabau AG die terrabau construction GmbH „veräußert“ habe. Die terrabau AG versicherte, dies sei unerheblich. Es gehe wie geplant weiter. Auch der Redaktion gegenüber hieß es seitens des Vorstands, Christoph Jacob, man habe mit der Gesellschaft „nichts“ zu tun.

• Das darf nach einem Blick ins Handelsregister bezweifelt werden. Zwar steht die terrabau construction GmbH am Ende einer Reihe Umfirmierungen (März bis September 2016: terraplan baukonzept GmbH, September 2016 bis Oktober 2018: terrabau GmbH, ab 26. Oktober 2018: terrabau construction GmbH). Identisch blieben aber zunächst der Sitz, Schifferstraße, Duisburg, und der Geschäftsführer, Sascha Kappler – der gleichzeitig Amtsvorgänger in allen Gesellschaften ist, in denen seit Ende 2019 Christoph Jacob Vertretungsorgan ist.

• 2019 wurden gegen die terrabau construction GmbH zwei vollstreckungsfähige Titel erwirkt. Im Dezember 2019 wurde Kappler abberufen. Fast zeitgleich mit der letzten Namensänderung (11. Dezember 2019: TBC GmbH) und der Firmensitz-Verlegung nach Gelsenkirchen. Dort, berichten die Käufer an der Seestraße, habe sich zuletzt nicht einmal mehr ein Briefkasten befunden. Inzwischen befindet sich die TBC GmbH in Liquidation.

• Auch mit Blick auf die zweite am Bau beteiligte Gesellschaft stellen sich Fragen. Warum hieß der Vertragspartner der Erwerber an der Seestraße bei seiner Gründung Mitte 2017 erst projektbezogen terrabau Projektgesellschaft Seestraße mbH, um dann Ende Oktober 2018 in terrabau Grundbesitz GmbH umzufirmieren? Vielleicht, weil schon damals erkennbar war, dass man das erste volle Geschäftsjahr mit einem erheblichen Verlust beenden würde. Die Bilanz 2018 weist einen nicht durch Eigenkapital gedeckten Fehlbetrag von über 400.000 Euro auf. Die Bilanz 2019 war zum Zeitpunkt der Recherche noch nicht hinterlegt. Auch hier war Sascha Kappler bis März 2020 Geschäftsführer. Danach wurde er abberufen – und durch Christoph Jacob ersetzt.

• Da wundert es kaum, dass die Aktionäre der terrabau AG laut veröffentlichtem Abschluss bereits bei Gründung 2017 nur so liquide waren, dass sie vor Eintragung ins Register weniger als ein Drittel des erforderlichen Mindestkapitals von 50.000 Euro einzahlen konnten. Erst im zweiten Geschäftsjahr wurde es voll einbezahlt. Allerdings war bis dahin ein Verlust von 52.600 Euro entstanden.

• Die am Stichtag 30. Juni 2018 bestehenden Schulden von ca. 68.100 Euro erhöhten sich ein Jahr später, 30. Juni 2019, auf ca. 1.059.600 Euro. Aktuell besteht nur ein Jahresüberschuss von knapp 40.000 Euro.