Duisburg. Die Berliner Firma „defiMED“ versprach Sponsoren, einen neuen Defibrillator an Gymnasium in Rumeln-Kaldenhausen aufzuhängen und gleich daneben für ihre Firmen zu werben. Doch ein neuer „Defi“ wurde nie installiert. Weitere Kritik: Die Preise für den guten Zweck waren offenbar weit überhöht.

Es ist eine ernste, auch eine traurige Geschichte: Es geht um Leben und Tod, um Vertrauen und Täuschung. Betroffene sprechen von „Betrug“ und „Abzocke“. Das müssen Juristen entscheiden. Im Zentrum der Kritik steht die Berliner Firma „defiMED GmbH“. Vertreter des Unternehmens sollen Duisburger Firmen, Dutzende vor allem im Westen, als Sponsoren für neue lebenserhaltende Defibrillatoren geworben haben. Die Vertreter versprachen den Geschäftsleuten, ihre Firmennamen auf einer Werbetafel direkt neben dem „Defi“ an einer Schule zu nennen. Bereitwillig zahlten die Geschäftsleute dann stark überhöhte Summen auf das Konto von „defiMed“ ein. Neue „Defis“ wurden nie installiert.

Insgesamt rund 30 solcher Fälle hat Ferdinand Seidelt, Vorsitzender des Runden Tisches Rumeln Kaldenhausen, dokumentiert, mit Namen, Adressen und Ansprechpartnern der offenbar getäuschten Sponsoren viele Firmen aus Rumeln-Kaldenhausen, einige aus Rheinhausen. Doch worin genau soll die behauptete Täuschung liegen? Laut Seidelt und dem Duisburger Anwalt Arnd Grotstollen schloss „defiMED“ mit den Sponsoren einen Werbevertrag über drei Jahre ab. Grotstollen: „Von den Defis steht darin aber kein Wort, sie wurden nur mündlich zugesagt.“

„Die Wartung eines „Defis“ kostet nicht viel!“

Danach soll die Firma jeweils mindestens 1000 Euro von den Sponsoren kassiert haben. Teilweise sollen die eingezahlten Summen weit darüber liegen. 1000 Euro und mehr für einen „Defi“ sei viel Geld, zuviel Geld, meint Seidelt. Denn ein handelsüblicher Defi koste normalerweise nur 650 bis 700 Euro. Den hohen Differenzbetrag erklärte „defiMED“ den Sponsoren im Gespräch mit der langfristigen Wartung der Geräte. Doch Seidelt hält dagegen: „Die Wartung eines Defibrillators kostet niemals 300 Euro und mehr. Denn Defis sind langlebig und nicht sehr reparaturanfällig. Da muss man vielleicht mal ab und zu eine Batterie auswechseln, sonst nichts.“

Die Firma „defiMED“ meldete sich bei Rumelner Betrieben“, so Seidelt in einem Brief an die 120 Mitglieder des Runden Tisches Ru-Ka. „Die Firma argumentierte sinngemäß so: „Wir wollen, dass auch Sie Leben retten. Sie inserieren auf einer Werbetafel im Albert-Einstein-Gymnasium (AEG), wir platzieren direkt daneben den Defibrillator.“ Und so installierte im November 2011 das Unternehmen einen „Defi“ nahe dem Eingang des AEG in Rumeln-Kaldenhausen, daneben die Werbetafel des Sponsors. Der Schulleiter, sagt Seidelt, sei getäuscht worden, man könne ihm keinen Vorwurf machen. Der Pädagoge selbst ist auf Nachfrage auch heute mit der Installation des Defi zufrieden, die Vorwürfe gegen „defiMED“ sind ihm neu, sagt er. Zwölf Rumelner Betriebe, die Namen sind bekannt, seien vor drei Jahren so regelrecht getäuscht worden, so Seidelt. „Jetzt, drei Jahre später, also nach Ablauf des Zeitraums für die Werbung, wurde erneut für den selben „Defi“ akquiriert!“, so Seidelt in seinem Warnbrief.

Beim zweiten Mal akquirierte „defiMED“ 18 Firmen

So wirbt die Firma auf ihrer Website

Das Berliner Unternehmen „defiMED“ist bundesweit aktiv und wirbt wie folgt: „Unser Angebot: Retten Sie Leben! Plötzlicher Herztod – Todesursache Nr. 1 Sie bekommen von uns kostenlos einen Defibrillator sowie eine informative Lebensrettungstafel: Die Defibrillatoren eignen sich hervorragend für den Einsatz in Museen, Schulhöfen, Sportanlagen, Theaterhäusern, Pflegeheimen, Verwaltungsgebäude...“

Bekannt sind ähnliche Fälle bei der Turnerschaft Rahm und einem Pflegedienst in Großenbaum aus 2013. Im Internet sind weitere Fälle dokumentiert. Ab 2011 rüsteten auch die Stadtwerke Duisburg Schulen und Vereine in ganz Duisburg mit Defibrillatoren aus. Die Aktion hieß „defiDu“ und wird fortgesetzt. Kostenpunkt pro Gerät: knapp 700 Euro.

Anfang 2014 warb der Anbieter aus Berlin erneut, diesmal bei 18 Betrieben aus Rumeln und Rheinhausen. Seidelt: „Sie sind nun bis zu drei Jahren gebunden, an einen Vertrag, der alles andere als koscher ist!“ Obendrein sei immer im Namen der Schule geworben worden. „defiMED“ habe auf diese Weise rund 30 000 Euro an Werbegeld vereinnahmt. Ohne auch nur einen weiteren „Defi“ aufzuhängen. Seidelt: „So gesehen, hätten mit diesem Werbegeld mindestens 30 neue Defis angeschafft werden können.“

Andrea Schmidt, Geschäftsführerin des Rumelner Fitness-Studios „Mrs. Sporty Club“ bestätigte die Angaben: „Ein Vertreter von „defiMED“ hat auch bei uns so einen Werbevertrag über drei Jahre akquiriert.“ Vertraglich seien sogar drei Ratenzahlungen über einmalig 700, zweimalig 600 Euro vereinbart worden. Als sie sich beim AEG erkundigte, erfuhr sie, dass dort schon lange ein Defibrillator vorhanden ist. Andrea Schmidt sieht das so: „Das ist schon Abzocke!“ Daher will die Geschäftsfrau die letzten Raten nicht bezahlen. Ähnlich ging es auch Stephanie Bialkowski vom Rumelner Friseursalon „Cafune“. Auch sie glaubte dem Vertreter der Firma: „Ich wollte für einen guten Zweck spenden.“ Beim AEG erfuhr sie, dass dort schon längst eine neuer Defi installiert war. Über die Firma sagt sie: „Das sind einfach Kriminelle!“ Und will nicht zahlen.

Der Runde Tisch Rumeln-Kaldenhausen hat seinen Justiziar Rechtsanwalt Arnd Grotstollen eingeschaltet. Er prüft , ob man die Verträge mit „defiMED“ anfechten kann. Eine Sprecherin der Stadt macht klar: „Der IMD als Verwalter unserer Schulgebäude hat keine Verträge mit „defiMED“ abgeschlossen. Wir distanzieren uns von der Aktion der Firma.“