Duisburg-Rheinhausen. . Wildgänse empfindet mancher Spaziergänger als Bereicherung der Natur. In der Landwirtschaft richten sie Schäden an. Im Westen bevorzugen die Wildgänse die Inseln bzw. Uferböschungen des Uettelsheimer Sees, des Toepper-, Krupp- und des Lohheidersees.

„Für zehn Gänse kannste eine Kuh halten. So sagte man jedenfalls früher“, schmunzelt Karl-Wilhelm Kamann. Doch dann wird er ernst, der frühere Vorsitzende (immerhin 18 Jahre) und das heutige Vorstandsmitglied der Kreisbauernschaft Ruhr-Großstädte (Mülheim, Essen, Duisburg, Oberhausen). Der Spruch aus den alten Zeiten bezog sich auf den Nahrungsumsatz, den Wildgänse haben. Und der ist immens, ärgert vor allem die Landwirte.

Alle Jahre wieder stellt sich das Problem mit dem Federvieh. Kanada-, Grau- und Nilgans lieben ein Zuhause auf Liegewiesen und Spielplätzen an Gewässern. Attraktiv auch: Zumeist liegt der Gemüse- und Getreideanbau nicht weit entfernt. Für eine Gans ist die Nahrungsquelle im wahrsten Sinne des Wortes wie im Flug erreichbar.

Im Duisburger Westen bevorzugen die Wildgänse die Inseln beziehungsweise Uferböschungen des Uettelsheimer Sees, des Toeppersees, des Kruppsees, des Lohheidersees, die Felder in Binsheim sowie die Rheinvorländer in Friemersheim, Rheinhausen und Homberg. Erstmals führte die Stadt Duisburg mit Genehmigung der Oberen Jagdbehörde im Vorjahr ein Management der Gänsebestände durch, manipulierte die Gelege, entnahm bis auf zwei sämtliche Eier. Geändert wurde auch der Beginn der Bejagung. Statt wie vorher ab Anfang August, dürfen Jäger die Gänse ab Mitte Juli abschießen.

Population vergrößert sich ständig

Mit Skepsis betrachtet Karl-Wilhelm Kamann, selbst passionierter Jäger, beide Maßnahmen. Er ist überzeugt: „Das Problem mit Gänsen ist nicht im Griff. Die Population vergrößert sich ständig.“ Aus Tierparks ausgebüxt, beziehungsweise teilweise zugewandert, seien die Wildgänse vor etwa 20 Jahren. Als häufig gefühlte Schäden bezeichnet Kamann das Verdrecken von Liege- und Spielflächen.

Richtig ins Geld geht es bei den Landwirten. Gänse ernähren sich nun mal vom Grünfutter, fressen Weiden- und Wiesenflächen ab und treten sie platt. Eine ideale Landebahn sei für sie das sogenannte „Lagergetreide“. Dieses Getreide liegt nach heftigen Regenfällen und Windböen flach. Für das Federvieh ein Leichtes, dann an die Ähren zu kommen.

Wie man dem Problem dauerhaft Herr werden könnte, vermag Kamann auch nicht zu sagen. Alle Maßnahmen dürften nur ein Tropfen auf dem heißen Stein sein. „Allein durch Jagen kriegt man die Anzahl nicht dezimiert. Gänse sind schlau und nicht einfach zu bejagen“, weiß er aus Erfahrung.

Flächendeckende Zählung

Weitere Gründe, die die Jagd erschweren: Das Gebiet ist dicht besiedelt. Ein Teil der Bevölkerung empfindet die Gänse als Bereicherung der Natur. Ein weiterer Teil hat ganz einfach Angst und möchte, dass grundsätzlich keine Tiere geschossen werden.

Idyllisch wirken die Gänse auf der Wiese am Toeppersee. So schön wie es auch aussieht, die Tiere sorgen für jede Menge Dreck. Foto: Stadt Duisburg
Idyllisch wirken die Gänse auf der Wiese am Toeppersee. So schön wie es auch aussieht, die Tiere sorgen für jede Menge Dreck. Foto: Stadt Duisburg

Die Biologische Station Duisburg will es jetzt ganz genau wissen und führt deshalb in diesem Jahr erstmals eine flächendeckende Zählung durch. Christine Kowallik, als Landschaftsökologin bei der Biologischen Station für Vögel und Fledermäuse zuständig: „Seit Februar bis noch Dezember zählen Ehrenamtliche in allen Gebieten die Gänse.“

Freiwillige von NABU oder der Jägerschaft machen sich auf, um das Federvieh zu erfassen. Momentan gibt es noch keine Auswertung. Christine Kowallik kann nur Meinungen über eine gefühlte Anzahl weitergeben: „Es gibt Leute, die sagen es seien tausende Tiere. Andere sprechen von einer Handvoll.“

Ob es auch in den nächsten Jahren solche Zählungen geben wird, ist noch ungewiss. Denn es lassen sich nur schwer Freiwillige für eine solche Aufgabe finden. Christine Kowallik könnte sich mit dem niederländischen Konzept, eine Zählung im Sommer, anfreunden. Ob das umgesetzt wird, ist noch fraglich.

Bei allen Problemen, die es mit Wildgänsen gibt, Karl-Wilhelm Kamann kann ihnen etwas Positives abgewinnen: „Man kann sie braten und essen.“ Und schmecken sie auch? „Jein. Manche sagen, sie wären eine Delikatesse, anderer mögen sie nicht“, antwortet der Fachmann: „Es liegt an der Zubereitung. Wildgänse sind in aller Regel wesentlich älter als die gezüchteten Schlachtgänse. Da diese nur acht Monate alt werden, ist deren Fleisch zart. Wildgänse gelten als zäh. Die Zartheit des Fleisches lässt sich nur wie beim Filet erreichen: Die Gans muss abgehangen sein.“