Duisburg. .
Hätte der Duisburg Stadtrat nicht die Sex-Steuer beschlossen, dann wäre die 69-jährige Hombergerin für die Stadtverwaltung noch immer eine Bordellbetreiberin. Dabei vermietet sie einfach nur zwei Zimmer, mal an Fern-, mal an Radfahrer.
Die Frau ist 69 Jahre alt, sie ist nicht mehr so gut zu Fuß, muss dreimal die Woche zur Dialyse. Derzeit entscheidet der Medizinische Dienst, ob sie in die höchste Pflegestufe eingeordnet wird. 2003 hatte sie sich ein Zechenhäuschen in Homberg gekauft, seit 2007 vermietet sie die beiden Zimmer im ersten Stock. Für 18 Euro die Nacht, Frühstück kostet sechs Euro extra. Vor allem Fernfahrer übernachten hier, Radfahrer und Ausflügler oder Leute, die in Homberg eine Familienfeier besucht haben. Die übliche Kundschaft eben, die man sich bei einer privaten Zimmervermietung vorstellt.
Doch plötzlich, nach dreieinhalb Jahren, gilt die Hombergerin für die Behörden quasi als Betreiberin eines Stundenhotels. Man könnte auch sagen, auf dem Papier ist die Vermieterin der Privatzimmer zur Puffmutter geworden.
Pro Monat 25 „Veranstaltungstage“
Die Stadt Duisburg hat der Frau jetzt einen Brief geschrieben. Betreff: „Änderung der Vergnügungssteuersatzung“. Schon im zweiten Absatz ist vom „Angebot sexueller Handlungen gegen Entgelt“ die Rede. Das sei jetzt steuerpflichtig, so habe es der Rat beschlossen. Nicht nur in Beherbergungsbetrieben, auch in Wohnwagen, Kraftfahrzeugen und in Privatwohnungen, wie es in dem Schreiben heißt.
Sechs Euro an Steuern pro „Veranstaltungstag“ werden für „die Anbieterin“ fällig, unabhängig von der „tatsächlichen zeitlichen Inanspruchnahme“ oder der „Anzahl der sexuellen Handlungen“. Für die Stadt Duisburg scheinen Prostituierte offenbar wenig Freizeit zu haben, sie legt für jeden Monat 25 „Veranstaltungstage“ zugrunde. Über die Formulierungen des Briefes mag man schmunzeln, die Hombergerin war allerdings erst einmal „schockiert“, ihr „so eine Schweinerei zu unterstellen“. Verständlich, dass sie wenig Freude hätte, ihren Namen in diesem Zusammenhang in der Zeitung zu lesen.
„Wir haben irgendetwas im Zusammenhang mit der Bettensteuer erwartet“, sagt der Freund der Hauseigentümerin, der sich um den Papierkram kümmert. Was sie mit der Vergnügungssteuer zu tun haben sollen, darauf können sie sich keinen Reim machen.
Stadt Duisburg bewirbt dieses „Bordell“
Schließlich gibt es nicht nur eine Homepage zu der kleinen Pension, mit Bildern der Zimmer, auch die Stadt listet die Pension auf ihrer Internetseite als eine von mehr als 60 Privatunterkünften in Duisburg auf.
Ob die Stadt denn dann nicht auch Prostitution fördere, fragt sich der Freund.
Das Amt für Steuern schreibt, es gehe davon aus, dass die Hombergerin ihre Zimmer an Personen vermietet, die zum „steuerpflichtigen Personenkreis“ zählen. Zwar sei „der Anbieter sexueller Handlung steuerpflichtig“, aber zur Vereinfachung könne auch die Vermieterin die Abrechnung vornehmen. So scheint es offenbar eine gute Puffmutter zu tun.
Die Lösung des Rätsels um die Homberger Privatunterkunft, die kein Stundenhotel ist, liegt in einem einzigen Wort und hängt mit der Anmeldung des Gewerbes vor dreieinhalb Jahren zusammen. Auf dem Vordruck muss die genaue Tätigkeit angeben werden, als Beispiele sind die „Herstellung von Möbeln“ oder „der Großhandel mit Lebensmitteln“ vorgegeben. Weil sie ja Zimmer vermieten wollen und dafür ein Gewerbe anmelden mussten, schrieben die Hombergin und ihr Freund im Februar 2007 in das Feld auf dem Antrag: „gewerbliche Zimmervermietung“.
Die Behörden und die Sexsteuer
Was sie nicht wussten und sicher viele andere auch nicht wissen: Eine gewerbliche Zimmervermietung ist das Synonym für ein Stundenhotel. Wer bei der Gemeinde ein Bordell anmelden will, der tut dies unter dem selben Begriff.
In dem guten Gewissen, die richtige Bezeichnung für den Nebenverdienst gefunden zu haben, hatte die Hombergin über drei Jahre ein Stundenhotel angemeldet, obwohl sie nie eines betrieben hatte. Aufgefallen war das in den Jahren niemanden. Und hätte der Stadtrat nicht die Sex-Steuer beschlossen, würde die Hombergerin wohl auch weiter bei den Behörden als Bordellbetreiberin gelten.