Düsseldorf/Köln. Özcan Yakut, Pfleger an einem Krankenhaus in Köln, teilt über Instagram Erfahrungen aus der Klinik. Nun erhielt er den Pflegepreis NRW
Berufung und Leidenschaft, mit diesen Worten lässt sich vielleicht am ehesten beschreiben, welche Eindrücke Özcan Yakut vermittelt, wenn er von seinem Alltag in einem Kölner Krankenhaus berichtet. „In der Außenwahrnehmung der Pflege geht es oft um Themen wie ‚Überforderung‘ oder ‚fehlende Mittel‘.“ Yakut möchte diesen negativen Ansichten etwas entgegensetzen. Darum gibt er seit Januar 2022 über einen Instagram-Account „icu.for.you“ (das bedeutet so viel wie „Intensivstation für Dich“) der Öffentlichkeit Einblicke in das Klinikgeschehen. „Die Pflege kann super erfüllend sein, spannend und auch innovativ.“
Die Pflegekammer Nordrhein-Westfalen hat dieses Engagement des 34-Jährigen ausgezeichnet. In der Kategorie „Newcomer“ erhielt Özcan Yakut für besondere Sichtbarkeit und großen Einsatz in der jüngeren Berufspolitik nun am Freitag, dem Tag der Pflegenden, den Pflegepreis NRW. Gewürdigt wurde bei der Verleihung in Düsseldorf auch Lydia Kassing (60), Einrichtungsleitung im Resi Stemmler Haus des Seniorenzentrums Marien-Hospital in Euskirchen, für ihr langjähriges herausragendes Engagement für die Pflege.
Glückwünsche vom Minister
Karl-Josef Laumann, Minister für Arbeit, Gesundheit und Soziales des Landes NRW, gratulierte. „In der heutigen Zeit ist es wichtig, dass die jüngere Generation für den Pflegeberuf begeistert werden kann. Dafür braucht es Vorbilder, wie die heutigen Preisträger. Vielen Dank für den täglichen Einsatz.“
Özcan Yakut ist seit zwölf Jahren in der Pflege tätig, war zuerst neben dem Studium Pflegehelfer. „Ich habe Pharmazeutische Chemie studiert. Als ich aber im dritten Semester angekommen war, habe ich gemerkt, dass ich meine Zukunft in der Pflege sehe, im direkten Umgang mit Menschen.“
Yakut beendete seine akademische Karriere, begann eine Ausbildung zur Pflegefachkraft, die er 2018 erfolgreich mit dem Examen abschloss. Er ließ sich weiterbilden, ist nach einem Wechsel auf die Intensivstation inzwischen seit Anfang des Jahres freigestellter Praxisanleiter und somit Ansprechpartner für Praktikanten und Pflegeschüler.
Faszination seit Kindestagen
Woher kommt diese Faszination für die Pflege? Özcan Yakut holt für die Erklärung etwas aus. „Als ich ein kleiner Junge war, wurde mein Vater sehr krank und verbrachte viel Zeit im Krankenhaus. Da ich ihn oft besucht habe, habe ich einen Einblick in die Abläufe bekomme.“ Auch seine beiden Geschwister mussten einige Zeit in der Klinik verbringen. Diese Erfahrungen haben ihn geprägt, wie Özcan Yakut erklärt. Die angesprochene Klink, das Heilig Geist-Krankenhaus in Köln, ist heute sein Arbeitsplatz.
Yakut spricht über Geschichten von Hoffnung, Heilung und Menschlichkeit. Aber natürlich gebe es auch Tage mit enormen Belastungen, gerade für die Psyche. „Es gehört zu unserem Job, dass wir auch Leid erleben, schlimme Schicksale sehen. In der Ausbildung spielt die Psychologie eine Rolle. Mit der Zeit lernt man zudem, besser mit dem Erlebten umzugehen.“ Es brauche ein starkes Team und eine gute Leitung. „Ich würde aber lügen, wenn ich sagen würde, dass ich nicht Manches in Gedanken mit nach Hause nehme.“
Auf dem sozialen Netzwerk „Instagram“ aktiv
Seit fast anderthalb Jahren kann die Allgemeinheit über das soziale Netzwerk „Instagram“ daran teilhaben, was Özcan Yakut und seine Kolleginnen und Kollegen erleben. Aktuell rund 2100 Follower verzeichnet die Seite. „Das war bei uns im Team eine offene Diskussion, alle haben mitgezogen und wollten das machen.“
Medizinische Eingriffe, etwa eine „Perkutane Dilatationstracheotomie“ (Luftröhrenschnitt für künstliche Beatmung), werden demonstriert, der richtige Umgang mit Blutpräparaten gezeigt. Yakut beschäftigt sich dort zudem intensiv mit Vorurteilen, die über die Pflege kursieren, möchte in den kommenden Wochen darauf auch noch einen Schwerpunkt legen. „Pflege sei ja nur etwas für Frauen, es geht nur um die Körperhygiene der Patienten und Ausscheidungen, so etwas bekommen wir mit. Viele Fragen drehen sich auch um die Bezahlung. Wenn ich dann antworte, wie hoch etwa das Einstiegsgehalt schon im ersten Jahr der Ausbildung ist, sind viele überrascht“, erzählt der 34-Jährige und muss etwas grinsen. „Und Pflege ist Medizin, es fließt sehr viel wissenschaftliches Know-how ein.“
Pflegekräfte in NRW sind laut einer Erhebung der Techniker Krankenkasse (TK) 2022 deutlich länger krankgeschrieben gewesen als Beschäftigte in anderen Branchen. So waren Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Pflegebranche im vergangenen Jahr durchschnittlich rund 29 Tage als krank gemeldet worden, wie die TK-Landesvertretung NRW nun auf Basis eigener Daten mitteilte. Das entspricht im Vergleich zu 2021 einer Zunahme der Fehltage von rund 25 Prozent. Der Durchschnitt krankheitsbedingter Fehltage aller Beschäftigten in NRW lag 2022 bei knapp 20 Tagen. „Die Entwicklung bei den Krankschreibungen zeigt, wie hoch die Belastung der Mitarbeitenden in den Kranken- und Altenpflegeberufen ist“, sagte die Leiterin der TK-Landesvertretung, Barbara Steffens. Deshalb brauche man dringend Reformen, die die Arbeitsbedingungen der Pflegekräfte merklich verbesserten. Grundlage sind Daten von mehr als 1,3 Millionen Erwerbspersonen im Alter zwischen 15 und 64 Jahren, die 2022 in NRW ihren Wohnsitz hatten und bei der Krankenkasse versichert waren. epd