Duisburg-Rheinhausen. Mit „Lady Macbeth“ feiert der Jugendclub des Kom’ma-Theaters Rheinhausen Premiere. Mit langweiligem Schulstoff hat die Aufführung nichts gemein.

Was passiert, wenn sich eine Prophezeiung, eine Idee, die jemand in den Kopf einpflanzt, verselbstständigt, zur fixen Idee wird? Wenn die Gier nach Macht immer größer, die Skrupellosigkeit grenzenlos wird? Und was ist, wenn eine im Mittelalter „von Männern für Männer geschriebene Geschichte von Ladies auf die Bühne gebracht wird? Das konnte der Jugendclub des Kom’ma-Theaters den Zuschauern am Samstagabend auf der Bühne zeigen – vor fast vollem Haus. „Lady Macbeth – von, nach und für William Shakespeare“.

Beeindruckendes Bühnenbild verdeutlicht die Brutalität des Shakespeare-Stücks

Das einzige Bühnenbild: Eine große, rechteckige, horizontale Wand, auf der in roten Buchstaben „Lady Macbeth“ geschrieben steht. Darauf riesige Blutspritzer, rote Abdrücke von Händen und eine Strichliste, wie viele Konkurrenten schon ins Jenseits geschickt wurden. Extrem eindrucksvoll, weil die Wand immer angestrahlt blieb und die Brutalität des Shakespear-Stücks intensiv unterstrich. Davor und dahinter spielten die zehn Jugendlichen im Alter von 14 und 15 Jahren. Neun Mädchen und – die einzige Ausnahme – der erst zwölfjährige Karl Süßmilch: Macbeth.

Kein aufwendiges, aber ein eindrucksvolles Bühnenbild. Vor der blutverschmierten Wand mit Strichen, die die bereits ausgeschaltete Konkurrenz listet, agieren die jungen Darsteller im Kom’ma-Theater Rheinhausen bei der Aufführung der neuen Produktion „Lady Macbeth“.
Kein aufwendiges, aber ein eindrucksvolles Bühnenbild. Vor der blutverschmierten Wand mit Strichen, die die bereits ausgeschaltete Konkurrenz listet, agieren die jungen Darsteller im Kom’ma-Theater Rheinhausen bei der Aufführung der neuen Produktion „Lady Macbeth“. © FUNKE Foto Services | Rüdiger Bechhaus

Magie und Machtkampf des Mittelalters werden in die heutige Zeit übertragen. Was, wenn die Schauspielerinnen aus dieser Männergeschichte eine Frauengeschichte machen würden? Denn männliche Machtstrukturen gibt es nach wie vor in dieser Gesellschaft in jedem Bereich, in jeder Branche, auf jeder Ebene. Das nahm Spielleiterin Anna Brass zum Anlass, um im Vorfeld mit den neun Mädchen und Karl die heutige Gesellschaft zu analysieren. „Die Themen und die Sichtweisen kamen aus der Gruppe selbst“, erzählt sie.

Das Thema Macht hat an Aktualität nichts verloren

Was fiel den Jugendlichen dazu ein? Frauen werden nach wie vor schlechter bezahlt für die gleiche Arbeit, viel Arbeitsbereiche sind männerdominiert. „Auch das Theater“, betont Anna Brass. Das Thema Macht hat an Aktualität nichts verloren. Seit mehr als fünf Jahrhunderten nicht. Da fiel bei den Stücken, die zur Auswahl standen, die Wahl auf Macbeth. „Und da es am Anfang neun Mädchen waren, die sich für das Stück entschieden haben, kamen wir dann auf Lady Macbeth“, schildert die Spielleiterin die Entwicklung. Der zwölfjährige Karl Süßmilch, der später zu der Gruppe stieß, wurde sofort mit offenen Armen aufgenommen. Auch er lieferte einen exzellenten Part ab. Hut ab vor einem so jungen Schauspieler.

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Besonders beeindruckend für die Zuschauerinnen und Zuschauer war es zu sehen, mit wie viel Emphase die jungen Nachwuchstalente ihre Rollen verkörperten. Auch die schwierigsten Monologe brachten sie mit einer mitreißenden Leidenschaft auf die Bühne. „Dämonen, die für Mordlust sorgen, an meine Brüste kommt ihr Mörderhelfer…“ Mit langweiligem Schulstoff hatte diese Neuinterpretation – einer Mischung von Macbeth und Ophelia aus Shakespeares Hamlet – nicht das Geringste zu tun. Eng verwoben brachte das Stück mit seinem eigentlich Jahrhunderte altem Inhalt brandaktuelle Geschlechterdebatten auf den Punkt. „Dann könnte doch Macbeth auch eine Frau sein.“

Stehende Ovationen für die junge Schauspieltruppe und ihre Spielleiterin

Das in den Bann gezogene Publikum zollte der Schauspieltruppe mit stehenden Ovationen Respekt für eine hochemphatische Darstellung mit düsterem Ende. Dem Wahnsinn verfallen, stirbt MacBeths Frau, die ihn mit höllischem Ehrgeiz angetrieben hat. Er soll kein Waschlappen und keine Memme sein, sondern ein Mann, verlangte sie. Dadurch vollzieht er eine Wandlung zum Mörder und Tyrannen. Blut klebt an den Händen des Herrschers, er wird es nicht mehr los. Ein absolut beeindruckender Abend – gestaltet von so jungen Talenten.

>>> Wie man in einer Rolle aufgeht <<<

Die Tragödie von Macbeth ist aus dem Theater nicht mehr wegzudenken. Zu aktuell ist der Stoff von William Shakespeare auch nach fünf Jahrhunderten. Er soll das Werk um das Jahr 1606 fertiggestellt haben.

Auf die Bühne mit ganz neuem Blickwinkel brachte es Theaterpädagogin und Spielleiterin Anna Brass, die das Stück zusammen mit den Jugendlichen aussuchte. „Mit ganz jungen Leuten arbeite ich anders“, sagt sie. Die müssten die Stücke weitgehend selbst entwickeln, um in den Rollen aufgehen zu können. Dass das gelungen ist, zeigten Aimee Bannier, Mara Eggemann, Iva Feuser, Liz Huhnen, Emanuela Maugeri, Marie und Sophie Mennie, Alex Solonski, Lena Zilic und Karl Süßmilch.