Duisburg-Homberg/Baerl. Schäfermeister Ralf P. Stallmeister hält 800 Mutterschafe in zwei Herden. Corona hat das Verhalten der Menschen seiner Meinung nach verändert.

Er ist Immobilienfachmann. Er ist Betriebswirt. Und: Er ist Schäfermeister. „Es ist ein wirklich toller Beruf, aber mit Idylle hat das nichts mehr zu tun“, sagt der 53-jährige Duisburger, der in dritter Generation mit den friedlichen Tieren sein Geld verdient. Von Kindesbeinen an hat Ralf P. Stallmeister im elterlichen Betrieb gelernt, was der Schäferberuf bedeutet. Hat die harten und die schönen Seiten kennengelernt und sich nach 15 Jahren Tätigkeit im Immobiliengeschäft für ein selbstständiges Berufsleben mit den Vierbeinern entschieden.

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800 Mutterschafe der Rasse „schwarzköpfige Fleischschafe“ hat er, die er in zwei Herden hält. Geändert habe sich der Beruf eigentlich nicht. Geändert haben sich allerdings die Bedingungen am Markt und das Verhalten der Menschen durch die Coronakrise. Beides ist nicht wirklich einfacher und erfreulicher geworden. „Drei bis vier Kilogramm Wolle hat ein Schaf und es muss ja geschoren werden“, sagt Stallmeister. Früher bekam er drei Euro für ein Kilo Wolle, heute sind es gerade mal 15 Cent.

Schäfermeister aus Duisburg ist oft in Homberg und Baerl unterwegs

„Das hängt damit zusammen, dass fast alle Menschen nur noch Kleidung mit Kunststoffanteil kaufen, die dann mit jedem Waschgang die kleinen Partikel ans Wasser abgibt“, erklärt er. Da die Wolle seiner Schafe etwas kratzig ist, nehmen die Wollgroßhändler sie nur noch als Beimischung. Durch das Klima in Nordrhein-Westfalen können seine Schafe das ganze Jahr über draußen bleiben, erzählt er. Anders als in Bayern oder im Osten, wo die Tiere wegen der Kälte im Winter „aufgestallt“ werden müssen.

Obwohl sein Betrieb in Meiderich liegt, ist Ralf Stallmeister mit seinen Herden oft auf der linksrheinischen Seite in Homberg und Baerl unterwegs, wo er Flächen gepachtet hat. Er lässt auch Weideland im Kreis Kleve und Wesel bis nach Neukirchen-Vluyn hin abgrasen. Obwohl er sich mit seinen Herden nicht direkt im Wolfsgebiet aufhält, ist er oft in der sogenannten Wolfpufferzone. „Denn Wölfe laufen bis zu 70 Kilometer am Tag“, sagt der Schäfermeister.

Viele Duisburger haben sich während der Corona-Zeit einen Hund zugelegt

Da sich seine Tiere nicht direkt im Wolfsgebiet befinden, hat der 53-Jährige auch keine Herdenschutzhunde. Er stellt Elektrozäune auf, „die Mehrarbeit bezahlt einem niemand“, sagt er. Aber schützen muss er die Schafe natürlich. Was ihn besonders ärgert, ist das Problem mit vielen Hundehaltern, das in der Coronazeit deutlich zugenommen habe. „Schon im Jahr 2009 hatte Duisburg 20.000 Hundehalter. Jetzt dürften es deutlich mehr geworden sein“, mutmaßt Stallmeister.

800 Mutterschafe der Rasse „schwarzköpfige Fleischschafe“ hat Schäfermeister Ralf P. Stallmeister aus Duisburg. Sie stehen oft in Homberg und Baerl.
800 Mutterschafe der Rasse „schwarzköpfige Fleischschafe“ hat Schäfermeister Ralf P. Stallmeister aus Duisburg. Sie stehen oft in Homberg und Baerl. © FUNKE Foto Services | Arnulf Stoffel

Ein Problem mit Hunden habe es für Schäfer und Schafe schon immer gegeben, aber „viele haben sich in den vergangenen zwei Jahren einen Hund angeschafft, können aber nicht mit dem Tier umgehen. Und viele haben überhaupt keinen Respekt vor Privatgelände.“ Viele Rheinwiesen seien privates Terrain, das man aber wegen des wiederkehrenden Hochwassers nicht einzäunen könne. „Denn das Hochwasser reißt die Zäune mit und die gefährden dann die Binnenschifffahrt.“Schilder mit dem Hinweis „Betreten verboten – landwirtschaftliche Nutzfläche“ würden einfach weggerissen, sobald sie aufgestellt worden seien. „Hunde, die die Besitzer widerrechtlich frei laufen lassen, koten in die Wiesen, also in das Futter der Schafe. Haben die Hunde einen Hundebandwurm, werden meine Schafe krank“, schildert der Schäfermeister die Probleme.

Schäfer aus Duisburg: „80 Prozent der Hundehalter sind wirklich nett“

Eine weitere Gefahr ist das Graben der Hunde nach Wühlmäusen. Durch die Löcher, die dadurch entstehen, werden die zur Pflege eingesetzten Maschinen beschädigt. Genauso wie die Stöcke Schaden anrichten, die die Hundebesitzer zum Spielen werfen und einfach auf den Wiesen liegenlassen. Mit den teuren Maschinen, die eingesetzt werden, wird Heu gemacht, das an Reitställe als Winterfutter verkauft wird.„Außerdem werden die Schafe panisch, wenn Hunde plötzlich auf die Herde zustürmen. Das kann bei tragenden Mutterschafen zu Totgeburten oder Unfruchtbarkeit führen, wenn die Gebärmutter verletzt wird.“ Auch die sibirischen Gänse, die in den Rheinauen überwintern, werden aufgeschreckt und gefährdet, genauso wie Rehkitze und Hasen, die sogar auf der Roten Listen stehen.

Schäfermeister Ralf P. Stallmeister kritisiert das Verhalten von vielen Hundehaltern in Duisburg. Corona habe die Situation verschärft.
Schäfermeister Ralf P. Stallmeister kritisiert das Verhalten von vielen Hundehaltern in Duisburg. Corona habe die Situation verschärft. © FUNKE Foto Services | Arnulf Stoffel

80 Prozent der Hundebesitzer seien wirklich nett, verständnis- und verantwortungsvoll, sagt Ralf Stallmeister. 15 Prozent aber uneinsichtig und bei fünf Prozent sei Hopfen und Malz verloren, was Rücksicht und Einsicht betreffe. So habe er einen Prozess gegen einen ehemaligen Polizisten gewonnen, in dem es um eine Unterlassungsklage ging. Immer wieder sei der Beamte rücksichtslos mit seinem Hund durch die Auen gegangen und habe auch noch anderen erzählt, das sei erlaubt. „Er darf die Flächen jetzt nicht mehr betreten“, sagt der Schäfer.

>>>>> DURCH VÖGEL VERLIERT DER SCHÄFER BIS ZU 20 LÄMMER

  • Die Schäferei Stallmeister lebt von der Schafzucht und hat einen eigenen Schlachtbetrieb. Nach der Gesellenprüfung zum Tierwirt/Schafzucht machte der 53-Jährige noch seinen Meister. 2006 übernahm er – nach 15 Jahren im Immobiliengeschäft – den elterlichen Betrieb.
  • Unterschiedliche Rassen gibt es bei den Schafen, die für ganz unterschiedliche Zwecke eingesetzt werden. Neben den Fleischschafen, die er züchtet, gibt es die Landschaftspflegerasse, bekannt als Heidschnucken, die Milchschafrasse und die Wollschafe. Ralf. P. Stallmeister hält seine zwei Herden zwar nicht im Wolfsgebiet, er weist aber auf eine ganz andere Gefahr hin, die vor allem den Neugeborenen droht.
  • „Die Kolkraben und Krähen haben es auf die Lämmer abgesehen“, sagt er. Beispiel: Ein Mutterschaf hat ein Junges gerade bekommen und ist mit der zweiten Geburt beschäftigt. Dann machen sich die Vögel gerne über das Neugeborene her. „Sie hacken dem Lämmchen die Augen aus, so dass es verblutet und gehen dann an die empfindlichen Stellen wie den Bauch“, schildert er die raue Natur.
  • Bis zu 20 Lämmer würde er auf diese Weise im Jahr verlieren, sagt Ralf Stallmeister. Idylle sei der Beruf nicht, obwohl er ihn liebt und meist mehrmals am Tag nach den Tieren guckt. Aber Schäfer sein heiße auch, sich sieben Tage in der Woche um die Schafe kümmern – ob bei plus 35 Grad oder minus fünf Grad. Der Schäferberuf leidet extrem unter Nachwuchsmangel.