Duisburg-Homberg. in Duisburg-Homberg freuen sich Besucher über die erste Kirmes in nach dem Lockdown. Schausteller nennt Kirmes das Beste gegen Depressionen.

Die glitzernde Meerjungfrau hat es dem achtjährigen Justus und Schwesterchen Wencke (5) angetan. Sie angeln auf der Homberger Kirmes Enten, was das Zeug hält. Denn Oma Christel war großzügig und hat 13 Euro locker gemacht, damit die Enkel 50 Mal angeln können und eventuell ihr Objekt der Begierde bekommen.

Erleichterung und Freude nicht nur bei Kirmesbesuchern in Homberg. Auch Organisator Mike Bengel ist froh, dass nach 19 Monaten des Lockdowns für Schausteller endlich das Leben wieder starten darf. „So eine Kirmes ist das Beste gegen Depressionen“, sagt er.

Kinder haben einen Riesenspaß auf dem Karussell in Duisburg-Homberg

Und man kann ihm nur recht geben, wenn man sich auf dem Bürgermeister-Wendel-Platz umsieht. Es wird voll und voller, Kinder haben gigantischen Spaß auf dem Karussell, Bratwurst, gebrannte Mandeln und Zuckerwatte finden begeisterte Abnehmer. Die Kleinen lassen sich beim Bungee Jumping in die Lüfte ziehen und die Geräuschkulisse am Disco Dance lässt auf größten Spaß schließen.

Die kleine Kirmes in Homberg ist gut besucht. Bald soll es in Duisburg auch mehr eine größere Kirmes geben.
Die kleine Kirmes in Homberg ist gut besucht. Bald soll es in Duisburg auch mehr eine größere Kirmes geben. © FUNKE Foto Services | Arnulf Stoffel

Bezirksbürgermeister Hans-Joachim Paschmann sitzt auf einer Holzbank neben dem 55-jährigen Mike Bengel und genießt die neue Freiheit in der nachlassenden Coronazeit. 25 Schausteller durfte der Organisator auf dem Platz in Homberg unterbringen. Noch immer gibt es Vorschriften, die ein freies Planen und Agieren schlichtweg unmöglich machen.

Manche Schausteller haben sich mit anderen Jobs über Wasser gehalten

Die vergangenen anderthalb Jahre waren für die Schaustellerbranche anstrengend und unüberschaubar. Daraus macht der 55-Jährige keinen Hehl. „Man hat uns ja einfach den Boden unter den Füßen weggezogen“, sagt er. 19 Monate habe man nicht einmal ein Kinderkarussell aufstellen dürfen. „Das war schon eine harte Zeit, die nicht alle überlebt haben.“

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Manche Schausteller haben sich mit anderen Jobs über Wasser gehalten, manche sind in ganz andere Branchen abgewandert, zu DHL oder Amazon zum Beispiel. Gerade das Internet-Geschäft bringt Mike Bengel auf die Palme. „Das zerstört unsere Innenstädte und unser Brauchtum“, sagt er. Der unfassbar lange Lockdown sitzt den Schaustellern immer noch in den Knochen. „Wir haben auch unseren Stolz, wir wollen arbeiten. Niemand von uns hat Lust, dem Sozialstaat auf der Tasche zu liegen.“

Familienmitglieder stemmen den Neustart des Kirmesgeschäfts

In der Zeit, als der Staat durch Veranstaltungsverbote für Arbeitslosigkeit bei den Kirmesbetreibern sorgte, habe man ständig „auf der Lauer gelegen, wo man noch irgendetwas machen kann, damit überhaupt etwas Geld in die Kasse kommt und man sich über Wasser halten kann.“ Das hieß für Bengel, mal hier einen Wagen mit Eis aufstellen. An anderer Stelle eine Bude zum Würstchenverkauf öffnen, da, wo die meisten Spaziergänger herwandern. Oder auf dem Bauernmarkt Lebensmittel verkaufen, um zu überleben.

Das Überbrückungsgeld sei zwar geflossen, aber es sei über so lange Zeit nur ein Tropfen auf den heißen Stein gewesen. Viele Mitarbeiter sind den Kirmesbetreibern von der Fahne gegangen. „Ich hatte zu meinen besten Zeiten 250 Mann beschäftigt.“ Das hat sich im Augenblick natürlich erledigt. Das gerade wieder startende Geschäft wird überwiegend von Familienangehörigen selbst betrieben. Zehn bis zwölf Mitglieder sind bei der ersten, kleinen Kirmes jetzt am Start. Der Familienzusammenhalt sei sehr groß.

Schausteller: Der Massenspaß hat gefehlt

Der Massenspaß habe gefehlt, sagt der Organisator und atmet genussvoll die neue Kirmesluft ein. Mike Bengel führt die 150-jährige Tradition weiter. Seit Papa Herbert im Januar dieses Jahres mit 87 Jahren starb, ist er der Ideengeber und immer mit neuen Impulsen dabei. Gerne erinnert er sich an seine Anfänge.

Seit seinem 18. Lebensjahr ist er selbstständig. „Als Jungunternehmer habe ich damals einen Kredit von der Sparkasse in Höhe von 350.000 D-Mark bekommen. Davon hab’ ich einen zehn mal sechs Meter langen Wagen gekauft, den ich zu Weihnachten gemütlich eingerichtet habe“, erinnert er sich gerne. Da konnte man Getränke schlürfen, die so klangvolle Namen hatten wie Heißer Schneemann oder Heißer Italiener.“ Das wurde super gut angenommen, die Bude platzte aus allen Nähten.

Bald soll die nächste, größere Kirmes stattfinden

Jetzt hofft der 55-Jährige darauf, dass Corona auf Dauer vertrieben wird. Denn bald soll die nächste – viel größere – Kirmes stattfinden. Auch an die Weihnachtszeit denkt der Schausteller natürlich schon. Denn der erste Weihnachtsmarkt auf der Kö, am Brunnen vor der Sparkasse, entsprang ebenfalls den Ideen seiner Familie. Jetzt ist die Hoffnung wieder da, dass normale Zeiten zurückkehren.

>>> NIRGENDWO SO HARTE AUFLAGEN WIE IN DUISBURG

• Die erste, kleine Kirmes nach dem Corona-Lockdown auf dem Bürgermeister-Wendel-Platz in Homberg läuft noch bis einschließlich Montag, 4. Oktober, immer von 14 bis 22 Uhr. Am Montag ist Familientag, das heißt, dass man zu verbilligten Preisen die Fahrgeschäfte benutzen kann.

• In keiner Stadt seien die Auflagen während der Corona-Pandemie so hart gewesen wie in Duisburg, sagt Kirmes-Organisator Mike Bengel. Die Stadtverwaltung habe überhaupt keine Veranstaltungen zugelassen. Die Traditionskirmes in Rheinhausen-Hochemmerich, die immer am zweiten Sonntag im September stattfand, soll nun am 2. Oktober-Wochenende nachgeholt werden.