Duisburg. Das Karussell seines bunten Lebens ist zum Stillstand gekommen: Der Duisburger Schausteller Herbert Bengel ist im Alter von 87 Jahren gestorben.
Im Mai wäre er 88 geworden. Eine Schnapszahl, die so gut zu seinem bunten Leben gepasst hätte. Aber Herbert Bengel wird diesen Geburtstag nicht mehr erleben. Duisburgs Schausteller-Urgestein ist am 22. Januar gestorben. In Homberg trauert seine große Familie um ihn: Die Kinder Mike und Jenny, sechs Enkel, sieben Urenkel und seine geliebte Frau Milly, die wie er das Schaustellerblut in sich hat und mehr als 70 Jahre an seiner Seite war.
Mike Bengel, der die besondere Leidenschaft von den Eltern gleich doppelt geerbt hat, lebt den Beruf mindestens so intensiv wie sein Vater. Der Chef der Duisburger Schausteller klingt traurig, aber gefasst. „Es war so gut, dass wir uns von ihm verabschieden konnten.“ In Corona-Zeiten sterben viele Menschen einsam. Zum Glück konnte die Familie Herbert Bengel auf der schwersten Reise seines Lebens begleiten. „Ich habe bis zuletzt seine Hand gehalten.“
Im Dezember war der 87-Jährige erneut an der Hüfte operiert worden, die ihm seit einer Infektion mit resistenten Keimen im Krankenhaus vor mehr als zehn Jahren so große Probleme bereitet hatte, dass er im Rollstuhl sitzen musste. Diesmal war es so schlimm, dass sich die Entzündung nicht mehr durch Medikamente eindämmen ließ.
Beerdigung an Altweiber
„Tanz mit mir in den Morgen, tanz mit mir in das Glück“, hat Schlagerstar Gerhard Wendland in Herbert Bengels letzten Stunden vom Band gesungen. Er hat die Musik noch fühlen können und seinem Sohn die Hand gedrückt. „Wir verabschieden uns auf unsere Art, wir sind keine Kinder von Traurigkeit und der Tod gehört nun mal zum Leben dazu“, sagt Mike Bengel, der auch bei der Beerdigung am 11. Februar mit den Lieblingsliedern des Vaters für eine besondere Stimmung sorgen wird. Die Beisetzung ist ausgerechnet an Altweiber. Mike Bengel muss schmunzeln. Auch das passt, irgendwie.
Sieben Generationen Schaustellerleben
Herbert Bengel war 17, als er in der Nachkriegszeit mit seiner ersten eigenen Schießbude auf Reisen ging. In den Fußstapfen seines Vaters August und denen des Großvaters, die beide mit ihren Vergnügungsgeschäften einst am Niederrhein über die Dörfer gezogen waren. Sieben Generationen Schaustellerleben ziehen sich durch die Familiengeschichte. Im vergangenen Jahr hätten die Bengels zum 150. Jubiläum so richtig auf die Pauke gehauen, wenn da nicht die Pandemie wäre, die nicht nur das Feiern unmöglich macht, sondern auch den Berufsstand in die Knie zwingt.
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1933 geboren, hat er ganz andere Zeiten erlebt. „Kinder, seid froh, der Krieg ist noch viel beschissener“, hat Bengel in seiner gewohnt direkten Art das Klagen in Corona-Zeiten relativiert. Überhaupt hat er noch viel mitgemischt. Wenn der Sohn auf dem Hof an den Kirmeswagen gebaut hat, war Papa Bengel im Rollstuhl mit dabei. Und auch technisch hat der Senior in der ersten Liga mitgespielt. „Er hatte ein iPhone 10“, berichtet der Sohn. „Und er hat mir damit immer noch freche Texte geschickt, wenn ihm was nicht gepasst hat.“ Bis zum Schluss hat Herbert Bengel mit seinen Ideen den Ton im Familienunternehmen angegeben.
Ein Leben lang war Herbert Bengel ein Macher
Ein Macher war er sein ganzes Leben lang. Der in Neumühl geborene Schausteller hat vor allem für bessere Bedingungen seines Berufsstands gekämpft. Er gründete erst den niederrheinischen Schaustellverein und dann den für Groß-Duisburg, dessen Vorsitzender sein Sohn Mike seit drei Jahrzehnten ist. Er schüttelte dem Ministerpräsidenten Wolfgang Clement die Hand, als dieser ihm 2002 eine Ehrenurkunde der Arbeitsgemeinschaft der Schaustellerverbände NRW überreichte, deren Gründungsmitglied Herbert Bengel war. Er stellte auch den Duisburger Weihnachtsmarkt mit auf die Beine und traf bei seinem unermüdlichen Trommeln für die Rechte der Schausteller Politiker wie Duisburgs Oberbürgermeister Jupp Krings und Ministerpräsident Johannes Rau.
Das Karussell seines umtriebigen Lebens ist zum Stillstand gekommen. „Wenn ihr an mich denkt, seid nicht traurig“, steht in Herbert Bengels Todesanzeige. „Erzählt lieber von mir und traut euch ruhig zu lachen.“
>>> BEISETZUNG AM 11. FEBRUAR AUF DEM PARKFRIEDHOF:
Die Trauerfeier für Herbert Bengel mit anschließender Urnenbeisetzung ist am 11. Februar ab 12 Uhr auf dem Parkfriedhof Homberg, Prinzenstraße.
Wer der Familie seine stille Anteilnahme zeigen möchte und die Corona-Abstandsregeln einhält, ist willkommen.